Brunnenmarkt: Justizminister richtet Sonderkommission ein
Zur Klärung der Umstände vor der Bluttat am Brunnenmarkt in Wien-Ottakring - ein verwahrloster, obdachloser 21-Jähriger hatte in der Nacht auf den vergangenen Mittwoch eine 54 Jahre alte Passantin mit einer Eisenstange erschlagen - richtet Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) eine Sonderkommission ein. Das hat das Justizministerium am Dienstagnachmittag bekannt gegeben.
Kritik an Staatsanwaltschaft
Dem vorangegangen war eine Voraus-Meldung der Wiener Wochenzeitung Falter, die in ihrer aktuellen Ausgabe Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft Wien erhebt. Demnach soll ein Polizist bereits am 22. März per E-Mail einen "Arbeitsauftrag" von der Anklagebehörde eingefordert haben, um gegen den verhaltensauffälligen jungen Mann vorgehen zu können.
Unter Berufung auf 18 eingegangene Anzeigen und vier offene Strafverfahren soll der Polizeibeamte laut dem Bericht Schritte von der Anklagebehörde erbeten haben, die seit der StPO-Reform Herrin des Ermittlungsverfahrens ist: Der "verschmutzte" und "verwahrloste" Mann sei schon wieder des Diebstahls, des räuberischen Diebstahls, der gefährlichen Drohung, des Widerstands gegen die Staatsgewalt und der Körperverletzung von Passanten dringend verdächtig.
Staatsanwaltschaft weist Vorwürfe zurück
Die Staatsanwaltschaft Wien hat die Vorwürfe des Falter entschieden zurück gewiesen, man habe auf den verwahrlosten, obdachlosen 21-Jährigen nicht eher reagiert, der in der vergangenen Woche am Brunnenmarkt eine 54 Jahre alte Frau zu Tode brachte. Das Mail eines Polizisten, der einen "Arbeitsauftrag" erbeten hatte, sei "umgehend bearbeitet worden", versicherte Behördensprecherin Nina Bussek. "Die Sachbearbeiterin hat natürlich geantwortet. Es gibt einen Mail-Verkehr. Es wurde das weitere Vorgehen besprochen. Es wurde aber keine Festnahmeanordnung erlassen, weil das nach Ansicht der Staatsanwaltschaft unverhältnismäßig gewesen wäre", erläuterte Bussek.
"Auch die kolportierten Zahlen von 18 Anzeigen und vier anhängigen Verfahren stimmen nicht", betonte Bussek. Richtig sei, dass gegen den gebürtigen Kenianer beim Straflandesgericht seit 2014 ein Verfahren wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt nach einem Ladendiebstahl anhängig sei. In dieses Verfahren wurden laut Bussek mehrere kleine Lebensmitteldiebstähle einbezogen. Der 21-Jährige wurde außerdem im Jahr 2015 zwei Mal wegen leichter Körperverletzung angezeigt - dass dabei schon ein Mal eine Eisenstange im Spiel war, wie es in Medienberichten geheißen hatte, "steht nicht hundertprozentig fest, zumal diese Anzeige erst drei Wochen nach dem Vorfall eingegangen ist", sagte Bussek. 2016 wurde gegen den gebürtigen Kenianer schließlich noch wegen Sachbeschädigung ermittelt. Dieses Verfahren wurde eingestellt.
FPÖ-Politiker trauert um Mordopfer
Seit vergangenem Herbst gilt Simmering als die Freiheitliche Hochburg in Wien. Der Mord an der 54-jährigen Reinigungskraft Maria Eschelmüller am Brunnenmarkt in Ottakring bewegt aber jetzt nicht nur das Wohnumfeld des Opfers. Auch die Bezirkspolitik ist entsetzt, war Eschelmüller doch ein aktives FPÖ-Parteimitglied.
Der einzige blaue Bezirksvorsteher Wiens, Paul Stadler, erfuhr am Freitag vom KURIER, wer das Opfer vom Brunnenmarkt war: "Ein Wahnsinn. Ich bin tief geschockt", sagt Stadler. Er kannte Eschelmüller seit mehreren Jahren, man sah einander regelmäßig. Mehr dazu lesen Sie hier.