Chronik/Wien

Neues Leben für Abfallprodukte: Wenn aus Brot Ziegeln werden

Was haben Brot und Ziegel gemeinsam? Die Antwort liegt auf der Hand - nichts. 

Stimmt nicht ganz - zumindest was die Biofabrique Vienna betrifft.

Dort werden aus Abfallprodukten wie dem Mehllurch der Bäckerei Ströck neue Materialien –  zum Beispiel Ziegelsteine – hergestellt.  "Der Prozess lässt sich mit Kochen vergleichen. Es geht darum, neue Rezepte zu entwickeln", erklärt Thomas Amann von der Technischen Universität Wien (TU).

Aus alt mach neu

Die Biofabrique wurde im Zuge der Klima Biennale, die noch bis zum 14. Juli auf dem Areal des Nordwestbahnhofs stattfindet, errichtet. Über hundert Tage lang wird bei dem Projekt erforscht, wie Material nachhaltig geschöpft und weiterverarbeitet werden kann. Es handelt sich dabei um ein Projekt der Wirtschaftsagentur Wien und dem französischen Atelier Luma Arles  in Partnerschaft mit der TU Wien (Institut für Architektur und Entwerfen).

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Im Zeichen der Kreislaufwirtschaft werden für die Entwicklung der neuen Stoffe Abfälle aus der Stadt herangezogen. Das Ziel: Kreativ und innovativ Materialien für Industrie und Architektur erschaffen.

Neben Mehlresten werden auch Schutt der U-Bahn-Baustelle U2xU5 oder Rückstände der Bierproduktion der Ottakringer Brauerei für die experimentelle urbane Materialentwicklung verwendet. Besonders bei Lebensmittelresten würde man nicht sofort an Ziegelsteine oder Baumaterialien generell denken, sagt Alice Jacubasch von der Wirtschaftsagentur Wien.

 Zudem werden in der dort eingerichteten Holzwerkstatt Überreste von Museumsausstellungen oder Theaterkulissen weiterverarbeitet.

Ressourcen nutzen

"Materialien, die scheinbar am Ende ihres Lebens stehen, interessieren uns besonders", sagt Amann. Es werde vor Ort getestet, ob die Materialien letztendlich miteinander funktionieren. "Das ist sehr technisch, aber es ist wie ein Test, ob die 'Sauce' im Rezept tatsächlich bindet", so Amann weiter. Außerdem müsse man abschätzen, wie viel Material davon vorhanden sei. 

"Der U-Bahn-Ausbau geht irgendwann zu Ende, dann erlischt auch diese eine Materialquelle", erklärt Amann. Das sei keineswegs negativ: "In der Biofabrique geht es darum, agil zu produzieren. Jeder Kunde, jedes Projekt hat andere Anforderungen und braucht deshalb anderes Material." 

Zum Beispiel könne aus Lehm und Split von Wienerberger eine besonders leichte Ziegelart gemacht werden, die für den Bau von Zwischenwänden verwendet werden könnten. Eine Mixtur aus Mehl- und Brauresten hingegen würde sich gut für eine Wandverkleidung eigenen. Es werden nicht nur unterschiedliche Materialkombinationen getestet, sondern auch die Einsatzmöglichkeiten der fertigen Produkte.

Mittlerweile würden sogar Anrufe eingehen, wo es potenzielles Material für die experimentelle Ziegelsteinproduktion gibt: "Wir sind zu einer Ersatzmüllabfuhr geworden", sagt Thomas Amann. Bis Sonntag können sich Besucherinnen und Besucher selbst ein Bild von den Ergebnissen der Studierenden machen. 

Danach geht die Biofabrique bei der diesjährigen Vienna Design Week im September in Verlängerung. Dort soll der Gastro-Bereich aus Biofabrique-Materialien gebaut werden. Wie es danach weitergeht, ist noch offen. "Wir wollen aber auf jeden Fall in irgendeiner Form weitermachen", sagt Alice Jacubasch. Die Entscheidung liege jedoch in den Händen der Stadt.