Betrüger plündern Postkästen in der Wiener Innenstadt
Gerald Hartinger hat einen Blick für das Schöne. In seiner Galerie in der Seilergasse in der Wiener Innenstadt hängen Werke von Andy Warhol, Roy Lichtenstein, Keith Haring oder Banksy.
Doch aktuell ist Hartingers Blick eher verärgert. Er wurde Opfer einer raffinierten Betrüger-Bande. Und die hat auch weitere Unternehmer in der Wiener City bereits um sehr viel Geld gebracht. Der bisher verursachte Gesamtschaden soll in die Millionen gehen. Hartinger ist sich sicher: „Das geht so weiter. Es ist mir ein Anliegen, dass die Leute gewarnt werden.“
Wenn Hartinger Bilder verkauft, dann geht es mitunter auch um höhere Summen. Ein steirischer Kunstliebhaber kaufte im vergangenen Juli ein Bild um 35.000 Euro. Wie üblich, schickte Hartinger die Rechnung nicht nur per Mail, sondern auch mit der Post. „Eine Woche später war der Betrag noch nicht überwiesen, also habe ich angerufen“, schildert der Galerist. Der Kunde war mehr als verwundert. Denn er hatte bereits bezahlt – und schickte zum Beweis die Überweisungsbestätigung. Allerdings: Der Betrag war an eine völlig fremde Kontonummer gegangen.
Der Trick ist simpel – und effektiv. Betrüger entleeren seit einiger Zeit regelmäßig mehrere Briefkästen in der Innenstadt. Sie suchen gezielt nach hohen Rechnungen. Und auf denen wird dann einfach die Kontoverbindung geändert. Alle anderen Daten bleiben gleich.
Falsche Ausweise
Das Geld wird also auf eigene Konten umgeleitet, die von Französisch sprechenden Frauen bei unterschiedlichen Banken in Wien eröffnet wurden. Die Damen sind allerdings mit falschen Pässen unterwegs.
Sobald das Geld am Konto eingelangt ist, wird es in Teilbeträgen bar abgehoben. So lange, bis das falsche Konto auffliegt.
Wer auf dem Schaden sitzen bleibt, ist der Kunde. Denn rechtlich gesehen muss er darauf achten, dass der Name des Empfängers und der IBAN zusammen passen. Anwalt Gerold Beneder sieht darin eine ungenügende rechtliche Lösung und sieht auch die Banken in der Pflicht. Würden sie Empfänger und IBAN abklären, wäre diese Betrugsform nicht möglich. „Kontrollen sind bei den vielen Überweisungen unmöglich“, heißt es dazu aus dem Bankenverband.
Noch ein Versuch
Hartinger weiß, dass er nicht der einzige Betroffene ist. „Allein in meinem Bekanntenkreis sind drei weitere Geschädigte. In jedem Fall geht es um mehr als 30.000 Euro.“ Hartinger selbst wäre fast zwei Mal geschädigt worden. Einmal blieb es aber beim Versuch – der Kunde bekam den Betrag retour überwiesen.
Vonseiten der Polizei werden entsprechende Ermittlungen bestätigt. Und auch der Post sind „derartige Vorfälle“ bekannt.
Hartinger wird seine Rechnungen künftig nur noch per Mail verschicken. „Ins Postkastl schmeiß’ ich sicher keine Rechnungen mehr hinein.“