Behörde vermisste Türkisch im Kindergarten
Von Bernhard Ichner
„Reine Aufbewahrungsstätten“ nannte Martina Mollay, Volksschuldirektorin in Ottakring, im KURIER-Interview Anfang Juli einige Islam-Kindergärten im Bezirk. Die mehrheitlich türkischstämmigen Kinder kämen von dort komplett ungefördert in die Schule, hätten Sprachdefizite und wären unselbstständiger als andere in ihrem Alter. Die MAG Elf kontrollierte daraufhin jene drei Betreuungsstätten, die Mollay als problematisch einstufte. Mit überraschenden Ergebnissen.
In zwei Fällen musste die Behörde zwar tatsächlich einschreiten – aber nicht, weil sie parallelgesellschaftliche Entwicklungen feststellte. Sondern, weil es die beiden Kindergärten in ihren Integrationsbemühungen sogar übertrieben, wie Herta Staffa, Sprecherin der Magistratsabteilung 11 (Amt für Kinder, Jugend und Familie), erklärt.
Wiener Bildungsplan
In einem Fall wurden die hauptsächlich türkischstämmigen Kinder nämlich ausschließlich auf Deutsch betreut, während ihre Muttersprache tabuisiert wurde. Was dem Wiener Bildungsplan klar widerspricht, zielt der doch auf frühkindliche Sprachförderung ab. „Der Betreiber wurde angehalten, Mehrsprachigkeit zu leben“, sagt Staffa.
Und im anderen Fall sei beinahe schon zu großer Wert auf schulische Vorbereitung gelegt worden. „Aus Angst, die Kinder würden sonst nicht bestehen, wurde in diesem Kindergarten wie in der ersten Klasse Volksschule unterrichtet.“ Doch auch dies ist im Bildungsplan so nicht vorgesehen. Kindergärten dürfen fördern, aber nicht unterrichten.
Bei der dritten Einrichtung – einer Kindergruppe – habe es keine pädagogischen Beanstandungen gegeben.
Rolle der Eltern
Die Wahrnehmung der Volksschuldirektorin kann man sich bei der Behörde angesichts dieser Kontrollergebnisse nicht erklären. Man werde nach den Ferien daher das Gespräch mit Mollay suchen. Bis Redaktionsschluss war sie für keine Stellungnahme zu erreichen.
Im KURIER-Interview hatte die ÖVP-nahe Pädagogin erklärt, die Kinder aus den nun außertourlich kontrollierten Betreuungseinrichtungen hätten nicht nur Sprachdefizite. Zudem könnten sie nicht grüßen, weder „Bitte“ noch „Danke“ sagen, den Stift nicht halten und nicht einmal die Hose aufmachen, wenn sie aufs Klo müssen. Wenn man die Eltern frage, warum sie die Kinder in diese Kindergärten geben, bekomme man als Antwort: „Weil dort alles halal ist.“
Was das Sprachniveau der Erstklässler betrifft, könne man aber nicht nur die Kindergärten verantwortlich machen, meinte zuletzt der zuständige SPÖ-Stadtrat Jürgen Czernohorszky. Für ihn ist Spracherziehung in erster Linie Sache der Eltern. „Wenn ein Kindergarten vor großen Herausforderungen steht, kann man nicht sagen: ,Der Kindergarten ist an den Problemen schuld.“
Die schwierigen Rahmenbedingungen für Schüler, die nicht Deutsch als Umgangssprache haben, bestätigte aber auch Mollay: „Die Kinder brauchen kein Deutsch. Sie leben mit ihren Eltern in Enklaven, wo sie alles in türkischer Sprache erledigen können.“