Baustellen-Feeling am Wiener Hauptbahnhof
Von Elias Natmessnig
Kaum hat Karl-Johann Hartig die Eingangshalle des neuen Hauptbahnhofs betreten, schrillen die Sirenen. "Bitte verlassen Sie das Gebäude", hallt es aus den Lautsprechern. Hartig lässt sich davon nicht aus der Ruhe bringen: "Das ist nur der Brandschutz-Test, der läuft schon den ganzen Tag."
Am Freitag wird der Hauptbahnhof offiziell eröffnet. Nach fünf Jahren Bauzeit steht Gesamtprojektleiter Hartig, ein ruhiger Mann mit roter Rundbrille und weißem Bart, kurz vor dem Ziel: "Klar ist es im Moment stressig", sagt er. "Aber es geht sich aus." Er wird den Satz noch öfter sagen.
Zahlen und Fakten:
In vielen Geschäften des Einkaufszentrums werken noch Arbeiter, in anderen räumen die Verkäufer bereits ihre Waren ein. Der grüne Granitboden ist staubig, überall liegt Verpackungsmaterial herum. In der Eingangshalle wird die Bühne für das Eröffnungsfest aufgebaut, das ÖBB-Reisezentrum ist noch nicht ganz fertig.
Wenig Platz
Sofort fällt auf, wie wenig freien Platz es gibt. Von der Luftigkeit des alten Südbahnhofs ist wenig zu spüren. Alles ist zweckmäßig an seinem Platz. Der Markus-Löwe – einziges Andenken an den alten Südbahnhof – steht von groben Holzplanken umgeben neben dem Haupteingang.
Weiter hinten in der Haupthalle liegt der Food-Court. Ob Burger-Laden, Pizza-Eck oder Fisch-Imbiss – der Fokus liegt auf schnellen Snacks. Aber auch im Untergeschoß gibt es Esslokale. Fast jeder vierte der 93 Shops im Einkaufszentrum verkauft Mahlzeiten.
Von der Großbaustelle zur zentralen Verkehrsstation:
Untergrund
In der Mitte der Eingangshalle wachsen breite Stiegen und Rolltreppen aus dem Untergrund. "Hier wird der Hauptstrom der Fahrgäste von der U-Bahn und der S-Bahn heraufkommen", erklärt Hartig.
Den Fahrgästen wird vor allem die 40 Quadratmeter große Videowall ins Auge stechen. "Hier werden die Abfahrtszeiten für 12 Bahnsteige angezeigt", sagt Hartig. Allerdings erst ab Dezember. Denn der Hauptbahnhof wird zwar jetzt samt Einkaufszentrum eröffnet, in Vollbetrieb geht er erst mit der Fahrplanumstellung am 14. Dezember. Knapp 1000 Züge werden dann täglich halten, 90.000 Menschen umsteigen.
Doch nicht alles läuft reibungslos: "5000 Euro Belohnung", steht auf einem Plakat. Mehrere Kabel wurden mutwillig durchtrennt. "Sabotage gibt es leider immer wieder", sagt Hartig. "Seit wir die Belohnung ausgelobt haben, ist aber Ruhe."
Auch sonst blieb man von großen Problemen verschont. Kein schwerer Arbeitsunfall, keine Bauverzögerungen. Die kalkulierte Bausumme von einer Milliarde Euro dürfte also halten. "Es geht sich aus", sagt Hartig.