Chronik/Wien

Votivkirche könnte von Polizei geräumt werden

Die Flüchtlinge in der Votivkirche haben einmal mehr eine Pressekonferenz einberufen, um auf ihre Lage hinzuweisen. Sie seien vom Hungerstreik geschwächt, statt Hilfe drohe ihnen aber die Abschiebung.

Wie berichtet, wurden vier Besetzer vor drei Wochen in Schubhaft genommen, als sie sich außerhalb der Kirche befanden. Einer wurde nun nach Ungarn abgeschoben, ein weiterer soll abgeschoben werden. Zwei wurden aus gesundheitlichen Gründen entlassen. „Die Politik will so die Flüchtlinge einschüchtern und schwächen“, erklärte ein Sprecher der Flüchtlinge. „Offensichtlich fühlen sich die österreichischen Behörden von den Protesten zunehmend bedroht.“

Räumung?

Die Flüchtlinge fürchten daher auch eine Räumung der Kirche. Das wäre rein rechtlich für die Exekutive auch möglich, wie Gerhard Strejcek, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Uni Wien, in den Salzburger Nachrichten analysierte.

Bei einer vergleichbaren Besetzung einer Kirche in Frankreich sei diese schlussendlich geräumt worden.

Im Juni 1996 hatten Flüchtlinge die Kirche St. Bernhard in Paris besetzt. Obwohl die Besetzung friedlich verlief und niemand den Kirchenbetrieb gestört hatte, wurde die Kirche am 22. August von der Polizei geräumt.

Die Besetzung könne nicht durch Religionsfreiheit gedeckt werden, zudem wären die sanitären Bedingungen ein gesundheitliches Risiko, begründete die Exekutive den Einsatz. Ein Flüchtling aus Senegal klagte beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR).

„Der hat dann entschieden, dass die Räumung legitim war, um die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zu gewährleisten“, sagt Strejcek im Gespräch mit dem KURIER. Für Strejcek bedeutet das Urteil des EGMR, dass eine Räumung der Votivkirche zwar sorgfältig geprüft werden müsse, in Ausnahmefällen eine derartige Versammlung aber beendet werden könne.

Dass eine Räumung ohne Rücksprache mit der Kirche stattfindet, glaubt Strejcek aber nicht: „Es gibt rein rechtlich zwar kein Kirchenasyl, die Kirche hat als Eigentümer aber ein Mitspracherecht.“