Chronik/Wien

Nach Magdeburg-Anschlag: "Ungutes Gefühl" am Wiener Christkindlmarkt

„When will you realize, Vienna waits for you?", ertönt schon am Weg zum Wiener Christkindlmarkt am Rathausplatz aus dem Saxophon eines Straßenmusikers. Die Antwort auf die Frage im Song des Sängers Billy Joel ist am letzten Wochenende vor Weihnachten für Tausende von Besucherinnen und Besuchern "Jetzt". Denn teilweise ist der Markt sogar so gut besucht, dass man sich nur langsam an den Ständen voran schieben kann.

Und das, obwohl ein Mann am Freitagabend auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg, Deutschland, mit dem Auto in die Menge gerast ist. Es gibt mehrere Tote, mehr als 200 Personen wurden verletzt. Beim KURIER-Lokalaugenschein beschreiben Touristen, Familien und Wiener, dass sie schon an den Anschlag denken. Davon abhalten lassen wollte man sich aber nicht.

Jakob und Anna leben in Wien und haben vor dem Besuch des Marktes das Thema noch besprochen. "Es ist schon ein ungutes Gefühl, ja", sagt Jakob. "Wir sind jetzt mehr oder weniger im Vorbeigehen hier. Aber nach einer Runde, reicht es dann auch." Man habe sich auch bewusst entschieden, noch bei Tageslicht, wenn weniger los ist, herzukommen.

Sonnenschein und blauer Himmel

Fragt man bei den Standlern nach, bekommt man entspannte Antworten. Sie würden weder bei der Kauflaune, noch bei der Stimmung wirklich einen Unterschied zu den vergangenen Wochenenden merken. Doch nicht nur das reichliche Angebot an Kulinarik, Geschenkideen und Souvenirs lockt am letzten Samstag vor Weihnachten zum Christkindlmarkt. Die Temperaturen sind bei strahlendem Sonnenschein mild.

Den Ausflug genießt auch eine Freundinnen-Runde aus Oberösterreich. Auch bei ihnen wurde über Magdeburg gesprochen. "Aber ich fühle mich sicher, es sind viele Polizisten da", sagt eine von ihnen. 

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"Am Anfang, wenn man wegfährt von Zuhause, prägt einen das und man hat ein mulmiges Gefühl", sagt der Vater der fünfköpfigen Familie Trzil, die am Rathausplatz unterwegs ist. "Wenn man da ist, ist das fast vergessen. Vermiesen lässt man es sich nicht. Wir genießen es dennoch." 

Die Walkers aus Houston, Texas, sind erst am Freitag in Wien gelandet. Der Zweck für die Reise sei u. a. ein Besuch am Christkindlmarkt gewesen. "Als ich letzte Nacht die Nachrichten gesehen habe, habe ich kurz innegehalten und mir gedacht 'Nein', 'we keep living'", sagt die Mutter der Familie, also "wir führen das Leben fort". "Das muss man." Aber man sei aufmerksamer gegenüber seiner Umgebung und wachsam. Sie sind nun knapp ein Monat auf Reisen. "Wir sind froh, hier zu sein."

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Das Gespräch findet direkt vor dem Wiener Rathaus statt. Rechts und links bei den Eingängen zum Markt befinden sich Poller, die Wiener Polizei kündigte an, umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen auf den Weihnachtsmärkten noch einmal "auf hohem Niveau intensiviert" zu haben. Bei dem einstündigen Lokalaugenschein sind keine Beamten in Uniform zu sehen. Das heißt aber nicht, dass es keine Polizeipräsenz gäbe, es wurden Polizisten in zivil angekündigt. 

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Nicht zu überhören ist aber ein Hubschrauber, der kurz über dem dem Markt seine Runden dreht. "Da habe ich vorher gesagt, vielleicht ist das schon eine Warnung", scherzt ein Wiener, der mit seiner Frau auf dem Platz unterwegs ist. Sie sei aufmerksamer, er achte mehr auf die Leute in seiner Umgebung. "Aber es kann überall etwas passieren, in der U-Bahn oder im Einkaufszentrum", sagen die beiden. Früher sei es unbeschwerter gewesen.

Von Schwere merkt man bei der Masse an Menschen am Christkindlmarkt aber dennoch wenig, wenn man nicht an die Ereignisse in Deutschland denkt. Am besten bringt es vielleicht der Vater der Familie Trzil auf den Punkt: "Ich glaube, dass man sich daran leider auch schon gewöhnt hat."