Chronik/Wien

"Offensive Altbautenschutz" nimmt jetzt den 3. Bezirk ins Visier

Abrisse von Gründerzeithäusern aus fadenscheinigen Gründen sind seit Langem ein großes Thema in Wien. Auch eine entsprechende Novellierung der Bauordnung im Jahr 2018 fiel so zahnlos aus, dass sich kaum etwas änderte.

Im April dieses Jahres rief Wohnbaustadträtin Kathrin Gaàl (SPÖ) darum neben einer Service-Hotline zum Thema die "Offensive Altbautenschutz" ins Leben. In gemeinsamen Schwerpunktaktionen der Baupolizei (MA 37) und der Gruppe Sofortmaßnahmen der Magistratsdirektion werden seitdem einzelne Grätzl intensiv unter die Lupe genommen.

Der Fokus bei diesen Screening-Terminen liegt neben der systematischen Erfassung und Dokumentation des Gebäudezustands auf der Feststellung von baulichen, feuerpolizeilichen und sanitären Mängeln.

25 bis 30 Abrisse pro Jahr

Der Altbau-Kernbestand sei durch die Bauordnung gut geschützt, sagt Gerhard Cech, Leiter der Baupolizei. Dennoch komme es pro Jahr zu 25 bis 30 Abrissen auf Basis einer "wirtschaftlichen Abbruchreife", also der Argumentation, dass sich eine Instandsetzung auf Grund der vorhandenen Gebäudesubstanz wirtschaftlich nicht mehr abbilden lasse.

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Teilweise werde jedoch versucht, diesen Zustand durch Fehlverhalten absichtlich herbeizuführen, so Cech. "Zusätzliche Maßnahmen in der kommenden Bauordnungsnovelle und die neuen Kontrollmöglichkeiten sollen bewusst dagegen vorgehen. Denn jeder mutwillig herbeigeführte Abriss ist einer zu viel.“

Dritter Schwerpunkt

Gingen die ersten beiden Schwerpunktaktionen im 10. Bezirk rund um den Viktor-Adler-Markt und im 15. Bezirk rund um den Leopold-Mistinger-Platz über die Bühne, folgt nun mit dem Weißgerberviertel im 3. Bezirk das erste innerstädtische Zielgebiet.

In Rudolfsheim-Fünfhaus wurden bei rund 600 Überprüfungen etwa rund 120 kleinere bis mittlere Beanstandungen protokolliert. Das Spektrum reichte dabei von Beanstandungen zur Trittsicherheit bzw. von lockeren Geländern im Stiegenhaus über Ablagerungen von Mist und Unrat, das teilweise Versperren der Wege des allgemein zugänglichen Ganges oder der nicht fachgemäßen Verlegung elektrotechnischer Leitungen bis zu unerlaubten Arbeiten am Dach.

Im Zuge der aktuellen Bauordnungsnovelle sollen zudem weitere Schritte für den Altbauschutz unternommen werden. Bei der Bewertung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit sollen zukünftig beispielsweise Aufwendungen, die durch eine schuldhafte Vernachlässigung der Erhaltungspflicht entstehen, außer Betracht bleiben.

Regelmäßige Gebäudechecks werden durch die Ausweitung des Bauwerksbuchs auf Altbauten vorgeschrieben und dokumentiert. Die Möglichkeit einer Neubaubewilligung ohne Vorliegen von erforderlichen Abbruchbewilligungen fällt weg, zudem müssen Abrisse aufgeschoben werden, solange noch Rechtsmittel offen sind.

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"Der Schutz von Altbau ist gleichzeitig der Schutz von dringend notwendigem leistbaren Wohnraum. Im Sinne der Wienerinnen und Wiener - und nicht zuletzt im Interesse der Mieterinnen und Mieter - gilt es in aller Entschiedenheit gegen Spekulation mit Wohnraum und mutwilliger Zerstörung von Altbauten vorzugehen", sagt Gaàl.