Chronik/Wien

Rechts-linker Faschingshöhepunkt

182 Anzeigen gegen Demonstranten, 17 Festnahmen, jeweils zwei verletzte Ballbesucher und Polizisten. So lautete im Vorjahr die Bilanz nach dem umstrittenen Akademikerball der FPÖ Wien in der Hofburg. Das alljährliche Treffen schlagender Burschenschafter ist für Kritiker wie den grünen Klubobmann David Ellensohn vor allem eines: „Eine Versammlung von europäischen Rechtsextremen“.

Eines steht jetzt schon fest: Auch die diesjährige Auflage am 24. Jänner wird nicht ohne Proteste über die Bühne gehen. Die überparteiliche Initiative „Jetzt Zeichen Setzen!“ kündigt für den Ballabend eine friedliche Kundgebung auf dem Heldenplatz an. Bereits im Vorfeld fordert sie die Hofburg-Betreibergesellschaft auf, den Ball endlich aus ihren Prunkräumen zu verbannen. Die linksautonome Plattform nowkr.at plant ab 17 Uhr eine Demo von Wien-Mitte aus.

Bilder von den Demos im Vorjahr

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Weit mehr Kopfzerbrechen bereiten der Polizei aber auch diesmal potenziell gewaltbereite Demo-Touristen aus dem Ausland. Auf einschlägigen deutschen Websites wird bereits eifrig die Werbetrommel dafür gerührt. Die Initiative Antifa AK Cologne bietet sogar Gratis-Busreisen nach Wien an, „um diesen Ball zu stören und aufzumischen“. – „Alles nur einen Steinwurf entfernt vom sogenannten ,Wiener Akademiker-Ball!‘“, heißt es auf einer anderen Antifa-Website nicht ganz unzweideutig.

Im Vorjahr hatte die FPÖ der Wiener Polizei vorgeworfen, zu wenig für den Schutz der Ballbesucher unternommen zu haben. „Für heuer hat uns Polizeipräsident Gerhard Pürstl persönlich zugesichert: Es wird dafür gesorgt, dass die Gäste unversehrt bleiben“, sagt FPÖ-Gemeinderat und langjähriger Ball-Organisator Udo Guggenbichler. Die ungehinderte Zu- und Abfahrt der Teilnehmer soll diesmal besser funktionieren.

Wahlkampf-Bühne?

Im Vorfeld der EU-Wahlen könnte der Ball heuer aber auch politische Brisanz bekommen. Zuletzt hatte sich die FPÖ um ein Bündnis mit verschiedenen anderen rechtspopulistischen Parteien – vom Front National (FN) bis hin zu den Schwedendemokraten – bemüht.

Marine Le Pen vom FN war bereits 2012 beim Burschenschafterball zu Gast – und musste dafür in ihrer Heimat Frankreich gehörige Medienschelte einstecken.

Ob heuer hochrangige Vertreter der europäischen Rechten den Hofburg-Ballsaal als Wahlkampf-Bühne nutzen werden, ist derzeit noch nicht klar. „Natürlich haben wir alle unsere Freunde eingeladen“, sagt FPÖ-EU-Mandatar Andreas Mölzer. Wer tatsächlich kommen werde, sei aber noch nicht klar. Ebenso, ob es ein spezielles Programm für die internationalen Gesinnungsgenossen geben wird.

Einer wird nach einem Jahr Auszeit heuer aber sicher wieder dabei sein: FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache.

Akademikerball

Bis 2012 hieß der Burschenschafterball in der Hofburg noch WKR-Ball. Der Wiener Korporationsring ist ein Zusammenschluss von deutschnationalen Verbindungen. Einige davon werden von Experten als besonders rechts eingestuft.

Nach massiven Protesten entschloss sich die Hofburg-Betreibergesellschaft 2012, den WKR-Ball künftig keinen Platz mehr zu bieten. Umbenannt in Akademikerball und offiziell von der FPÖ Wien organisiert, findet er nun doch wieder in der Hofburg statt.

Mit einem mulmigen Gefühl blicken Mitglieder des Cartellverbands (CV) der Burschenschafter-Ballnacht in der Wiener Hofburg entgegen. Zuletzt wurden Vertreter von katholischen Studentenverbindungen wiederholt Opfer von tätlichen Übergriffen – offenbar weil sie mit deutschnationalen Burschenschaftern verwechselt wurden. „Mit rechtsradikalen Ansichten haben wir aber nichts am Hut“, betont Florian Gross, Präsident des Wiener CV.

Politisch völlig konträr ausgerichtet, ist die traditionelle Adjustierung beider Gruppen (Mütze und Band) für Laien allerdings kaum unterscheidbar. „Wir haben daher unsere Mitglieder aufgerufen, am Tag des Akademikerballs keine Farben zu tragen“, sagt Gross.

Im Vorjahr half allerdings nicht einmal das: In der Ballnacht wurden gleich mehrere CVer in Wien attackiert oder bespuckt. „Offenbar reichte es schon, dass sie einen Anzug anhatten“, sagt Gross. Unabhängig vom Burschenschafterball ortet er eine wachsende Gewaltbereitschaft von linken Aktivsten gegen CV-Mitglieder. So kam es zuletzt auch im Zuge der Proteste gegen das Burschenschafter-Treffen in Innsbruck zu tätlichen Übergriffen auf CVer: Ein Mitglied der „Austria Innsbruck“ wurde beim Verlassen des Verbindungshauses von Demonstranten angegriffen.

Hintergrund: Burschenschafter in Österreich

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