Chronik/Wien

Ab sofort: Gratis-Tampons für bedürftige Wienerinnen

Die Filiale einer allseits bekannten Drogeriekette auf dem Hohen Markt, wo die Anzahl der Menschen knapp über und vor allem unterhalb der Armutsgrenze überschaubar ist: Immerhin steht die neue Rote Box bei ihrer Präsentation am Mittwochnachmittag gut sichtbar im Kassabereich. Und, um noch ein zweites und letztes Mal etwas zu hinterfragen: Warum ist die Box, anders als man vermuten würde, keine Box, sondern ein Verkaufsstand? Warum tendiert das Rot eher zur Lachsfarbe?

Doch genug der Fragen.

Ab sofort gibt es in allen 154 Bipa-Filialen in Wien für Frauen und Mädchen, die an der Kassa ein kleines Gutscheinheft vorweisen können, eine Monatspackung mit entweder 16 Tampons oder zwanzig Binden. Für den Start der angeblich europaweit einzigartigen Aktion gegen die so bezeichnete „Periodenarmut“ lässt die Stadt Wien 15.000 Gutschein-Hefte pro Quartal austeilen.

Die gibt es bei insgesamt achtzig Ausgabestellen: in Sozialmärkten, Jugendzentren, den Frauengesundheitszentren FEM und FEM Süd und in der Beratungsstelle First Love.

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Kostenloses Angebot

Kristina Hametner steht im ausgesuchten Drogeriemarkt und strahlt über das ganze Gesicht. Sie hatte im Jahr 2020 ein auf die Brigittenau und auf vier Monate beschränktes Pilotprojekt initiiert. Dass damals das Gratis-Angebot von Anfang an gut angenommen wurde, dass sich in Folge Stadtpolitik und Wirtschaft auf ein flächendeckendes Angebot einigen konnten, freut die Leiterin des Wiener Programms für Frauengesundheit ohne Übertreibung sehr.

Periodenarmut ist auch in Wien ein Thema“, betont Hametner. „Nicht alle Frauen und Mädchen, die Periodenprodukte brauchen, können sich diese auch leisten.“ Der Wiener Gesundheits- und Sozial-Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) fügt hinzu, dass man mit der „Roten Box“ ein Tabuthema aufbrechen kann: „Es darf einfach nicht sein, dass wir in dieser Stadt Mädchen und Frauen sehen, die sich die grundlegenden Hygieneartikel nicht leisten können.“

Durch die Auswahl der Ausgabestellen für die Gutscheinhefte sei auch die soziale Treffsicherheit gewährleistet, sind sich der Stadtrat und die Gesundheitsexpertin sicher. Dafür ein weiterer Garant: „Die Einrichtungen, die die Gutscheine an ihre Klientinnen verteilen, sind begeistert, dass sie bei unserer Aktion dabei sein können.“

Weil Armut nicht nur chronisch krank macht, sondern auch sozialen Rückzug nach sich zieht, ist das neue Angebot auch deshalb wichtig: Betroffene können ihren Gutschein jederzeit in den schicken Innenstadt-Filialen einlösen, jedenfalls überall dort, wo sie mit Kundinnen an der Kassa anstehen, die über den Kauf von Tampons und Binden nicht lange nachdenken müssen. Diese sind übrigens gut eingeführte Eigenmarken und werden zur Gänze vom privaten Unternehmen finanziert. Im Gegenzug hilft die Stadt, die neue Aktion kräftig zu bewerben.

P. S.: Die Rote Box kann man auch kaufen. Pro Box gehen dann 50 Cent an die Initiative MaBa der Diakonie, die unter anderem Bildungsformate zu weiblichem Körper und Menstruation organisiert.