Chronik/Wien

19 Jahre Haft für Raubmord an Wiener Juwelier

Ein 21-Jähriger ist am Mittwoch am Landesgericht für Strafsachen wegen Raubmordes an einem Wiener Juwelier im Oktober 2020 und vier weiterer brutaler Raubüberfälle zu 19 Jahren Haft verurteilt worden. Damit entging der junge Serbe, den der Vorsitzende in der Urteilsbegründung als "Schwerkriminellen" bezeichnete, der Höchststrafe. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Nach dem Jugendgerichtsgesetz (JGG) - der Angeklagte war zu den Tatzeitpunkten noch 20 Jahre alt und daher als junger Erwachsener anzusehen - wären bis zu 20 Jahre möglich gewesen. Bei der Strafbemessung wurden das grausame Vorgehen, die Faktenvielzahl und der hohe Schaden erschwerend angerechnet. Mildernd waren die bisherige Unbescholtenheit des Mannes und vor allem dessen Beitrag zur Wahrheitsfindung. Er hatte nach seiner Festnahme in Ungarn und der anschließenden Auslieferung neben den fünf Raubfakten 51 in der Bundeshauptstadt begangene Einbruchsdiebstähle zugegeben.

Mittäter verraten

Vor allem aber nannte er seinen Mittäter bei dem Überfall auf den Juwelier und einen Opernsänger, den die beiden 18 Stunden vor der Bluttat in dessen Wohnung überfallen hatten. Nach dem Komplizen - ebenfalls ein gebürtiger Serbe - wird mittlerweile international gefahndet. Ein weiterer Beteiligter, der bei den anderen Verbrechen mitgemacht hatte, konnte bereits festgenommen werden.

Der 21-Jährige machte nach der Urteilsverkündung einen mitgenommenen Eindruck. Nach Rücksprache mit Verteidiger Martin Mahrer erbat er Bedenkzeit. "Er muss es psychisch verarbeiten", erklärte der Anwalt. Der Staatsanwalt erbat Bedenkzeit.

Ohne Vorwarnung zugestochen

In dem Juwelier-Geschäft in Wien-Landstraße hatte sich der mit einem Messer bewaffnete 21-Jährige - der Komplizen stand draußen Schmiere - zunächst als Kunde ausgegeben. Er erstand um 68 Euro einen Ring und täuschte in weiterer Folge Interesse an einer Halskette vor. Als ihm der Juwelier mehrere Ketten zur Auswahl vorlegte, zückte der junge Mann ein Messer und stach zu.

Zwei von insgesamt 19 Stichen waren für sich allein tödlich, führte Gerichtsmediziner Nikolaus Klupp am zweiten Verhandlungstag - der Angeklagte hatte sich beim Prozessauftakt am vergangenen Montag geständig verantwortet - aus. Der eine eröffnete die Brusthöhle, der zweite beschädigte die Lunge. Der 74 Jahre alte Mann hätte laut Klupp selbst bei rascher notärztlicher Hilfe keine Überlebenschance gehabt.

Nachdem sich der 21-Jährige mit seinem Mittäter sowie erbeutetem Goldschmuck, Dukaten und mehreren Uhren Richtung Tschechien abgesetzt hatte, hatten Passanten im Eingangsbereich den niedergestochenen Juwelier gefunden.

Mann zu Hause überfallen

Nur wenige Stunden zuvor waren die zwei Verbrecher in die Wohnung eines Opernsängers eingedrungen. Der 56-jährige Künstler lag tiefschlafend in seinem Bett, als er um 4.30 Uhr von den Eindringlingen brutal geweckt wurde.

"Aufgewacht bin ich, weil mir mehrmals auf die Stirn geschlagen wurde", schilderte der Sänger nun als Zeuge dem Gericht. Mit der einen Hand habe ihn ein Mann am Hals gepackt, mit der anderen mit einem Brecheisen zugeschlagen. "Ich habe versucht, mich zu wehren. Ich habe zwei Jahre gedient in Russland", verwies der 56-Jährige auf seine seinerzeitige militärische Ausbildung.

Geholfen habe ihm dann allerdings seine Stimme. Um den Geschworenen deren Wirkung deutlich zu zeigen, machte er die Schreie nach, die er einem der zwei Täter "direkt ins Ohr" gebrüllt habe, wie der 56-Jährige betonte. Das "Hilfe, Polizei!" dürfte bis in die ans Gericht grenzende Justizanstalt Josefstadt zu hören gewesen sein, zumal aufgrund Corona bei geöffneten Fenstern verhandelt wurde. "Ich habe nicht aufgehört zu schreien. Damit habe ich sie erschreckt", berichtete der Zeuge. Die Kriminellen hätten ohne Beute die Wohnung verlassen.

Für den Sänger hatte der Überfall einschneidende Folgen. Er kann seinem Beruf nicht mehr nachgehen. Ein Hieb mit dem Brecheisen bewirkte eine komplizierte Verletzung am linken Auge - der Betroffene leidet seither an einer massiven Seheinschränkung. "Ich habe gelernt, damit zu leben", bilanzierte er. Er könne nicht mehr richtig lesen, "es ist ein ganz anderes Leben nachher. Wesentlich umständlicher".