Chronik/Welt

Siebentes Todesopfer nach Flut in Bayern, großes Aufräumen geht weiter

Zwei Tage nach der verheerenden Flutkatastrophe in Niederbayern wurden am Freitag die Aufräumarbeiten in der betroffenen Region unter Hochdruck fortgesetzt. Zugleich lief die Suche nach Vermissten weiter: Nachdem am Donnerstagabend der sechste Tote des Hochwassers in Simbach am Inn geborgen worden war, wurde Freitagnachmittag bekannt, dass ein Opfer im Krankenhaus verstorben ist - die Zahl der Toten stieg damit auf sieben. Ein Mann habe eine Herzattacke erlitten, sagte ein Sprecher des Landratsamts Rottal-Inn am Freitag. Der etwa 80-Jährige sei ins Krankenhaus nach Eggenfelden gebracht worden, wo es eine Spezialstation für Herzerkrankungen gebe. Dort sei der Mann gestorben.

Eine gute Nachricht gab es hingegen am Freitagabend: Ein in Simbach vermisstes Ehepaar ist unversehrt. Der 81 Jahre alte Mann und seine 77-jährige Frau waren schon am Tag der Hochwasserkatastrophe gerettet worden. Die beiden seien am Mittwoch aus ihrem mit Wasser vollgelaufenen Keller geborgen und mit Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht worden, sagte ein Sprecher des Landratsamtes Rottal-Inn am Freitag. Bei der Vermisst-Meldung handelte es sich um einen Irrtum.

Mit der Hilfe von Feuerwehr und dem Technischen Hilfswerk räumten Einwohner der überfluteten Orte im Landkreis Rottal-Inn ihre Straßen und Häuser frei, die ein stinkender Schlamm überzogen hatte. Darunter kam das Ausmaß des Schadens zum Vorschein: Allein im Landkreis Rottal-Inn wurde er auf einen dreistelligen Millionenbetrag beziffert. In vielen Schulen im Landkreis fiel auch am Freitag der Unterricht aus.

Alle Inhalte anzeigen
Der heftige Regen, der am Mittwoch unvermittelt über die Gegend hereingebrochen war, hatte zwar aufgehört. Doch für die Aufräumarbeiten war das nicht unbedingt günstig. "Das Problem ist, dass der Schlamm rasch abgeräumt werden muss. Wenn er einmal getrocknet ist, wird er steinhart", erklärte ein Sprecher des Technischen Hilfswerks.

Wasserversorgung ausgefallen

In den am schwersten betroffenen Städten Simbach am Inn, Triftern und Tann war stellenweise die Wasserversorgung ausgefallen. Dies habe aus Sicht des Simbacher Bürgermeisters Klaus Schmid (CSU) Vorrang bei den Aufräumarbeiten in der Hochwasserregion. "Noch ist die Wasserversorgung nicht komplett wiederhergestellt", sagte Schmid am Freitag. Viele Einwohner müssten sich an Sammelstellen abgezapftes Wasser aus Containern geben lassen. Auch verfügten noch nicht alle Haushalte wieder über Strom.

Bilder: Das große Aufräumen

Alle Inhalte anzeigen

Um Plünderungen zu verhindern, patrouillierte die Polizei in der Nacht im Streifenwagen durch Simbach. Am Vortag waren bereits zwei Menschen festgenommen worden, die die unübersichtliche Lage ausnutzen wollten, um ein Autoradio zu stehlen.

Weiterhin Menschen vermisst

Mehrere Menschen wurden auch am Donnerstagabend noch vermisst. Unter den Toten sind auch drei Frauen im Alter von 28, 56 und 78 Jahren. Es handle sich um Tochter, Mutter und Großmutter, berichtete die Polizei. Die vierte Tote ist eine 80-Jährige. Ihr Haus in Untertürken wurde von der Gewalt der Wassermassen zum Einsturz gebracht. Die Leiche der Frau wurde einige Kilometer weiter in Julbach in einem Bachbett entdeckt. Am Donnerstag fanden Taucher die Leiche eines 75-Jährigen in seinem Haus in Simbach, am Abend wurde im Simbach die Leiche eines 65-Jährigen geborgen.

Bilder: Hochwasser in Niederbayern

Alle Inhalte anzeigen

Leichte Entspannung am Niederrhein

Vorsichtiges Aufatmen am Niederrhein: Die Lage hat sich in der Nacht auf Freitag ein wenig entspannt. Hamminkeln und das benachbarte Isselburg blieben von den befürchteten Fluten verschont. Der Regen hatte den Wasserstand des Flüsschens Issel von sonst einem halben Meter auf mehr als zwei Meter steigen lassen. In der Nacht sank er bei Dämmerwald, morgens wurden nur noch 77 Zentimeter gemessen.

Hunderte Helfer waren im Einsatz, 68.000 Sandsäcke wurden verbaut, weitere 35.000 lagen als Reserve bereit. Böschungen wurden auf Schwachstellen untersucht, Pegelstände kontrolliert.

"Die Nacht war relativ entspannt, wir hatten die Lage gut im Griff", sagte Konrad Decker, der Einsatzleiter der Freiwilligen Feuerwehr in Hamminkeln. Der Deich, der das sonst unscheinbare Flüsschen im Zaum halten soll, sei an zwei Stellen kontrolliert geöffnet worden, damit Wasser abfließen konnte.

Neue Niederschläge im Anmarsch

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnte aber Freitag früh vor zu viel Optimismus. "Es kommen neue Niederschläge nach Deutschland, die auch wieder Unwetterpotenzial haben", sagte ein Sprecher. Wo die Unwetter genau zu erwarten sind, konnte der Meteorologe zunächst nicht sagen. Abzusehen sei aber, dass die teils kräftigen Gewitter vor allem in der Südhälfte von Nordrhein-Westfalen bis in die Nacht auf Samstag anhalten könnten.

Claus Hücklekemkes vom Krisenstab des Kreises Wesel sprach deshalb auch nur von "vorsichtigem Optimismus". "Von Entwarnung können wir noch lange nicht sprechen." Die Dämme seien nass und weitgehend gesättigt, "das ist ein Risiko". In der historischen Altstadt von Xanten hatte die Feuerwehr schon zuvor am Entwarnung gegeben, nachdem das Wasser dort lange Zeit gestanden hatte.

Starker Regen hatte auch in Teilen des benachbarten Oberösterreich, vor allem im Innviertel, zu Überflutungen geführt:

Alle Inhalte anzeigen

Situation im Innviertel beruhigt

Die angespannte Hochwassersituation in Teilen Oberösterreichs, vor allem in Innviertel, hatte sich am Donnerstag wieder beruhigt. Wie vorhergesagt ließen die Regenfälle nach, die Feuerwehr hat mit den Aufräumarbeiten begonnen.

Hier geht's zum Wetter auf KURIER.at

In Paris hat der Fluss Seine den höchsten Pegelstand seit fast 35 Jahren erreicht. Freitagfrüh lag der Pegel nach Angaben der Behörden bei 5,55 Meter und könnte im Tagesverlauf auf 6,20 Meter ansteigen. Wegen Überschwemmungen sind inzwischen viele Uferstraßen gesperrt, der Schiffsverkehr auf der Seine wurde gestoppt.

Das weltberühmte Museum Louvre und das Impressionisten-Museum Musee d'Orsay am Seine-Ufer blieben am Freitag geschlossen. Aus Angst vor Überschwemmungen wurden in den Untergeschoßen gelagerte Werke in höhere Etagen gebracht.

Alle Inhalte anzeigen
Die Seine ist wegen der heftigen Regenfälle der vergangenen Tage zuletzt stark angeschwollen. Zum Vergleich: Vor einer Woche betrug der Pegelstand des Flusses in Paris noch rund 1,30 Meter. Einen höheren Pegel als am Freitagvormittag gab es zuletzt 1982, damals erreichte die Seine in der französischen Hauptstadt eine Höhe von 6,15 Metern. Bei der Jahrhundertflut im Jahr 1910 stieg die Seine auf 8,62 Meter an.
Alle Inhalte anzeigen
Die Überschwemmungen haben auch in der Region um Paris und in der Loire-Region zu schweren Verwüstungen geführt. Am Donnerstag wurde ein Reiter im südwestlich von Paris gelegenen Evry-Gregy-sur-Yerres von den Wassermassen fortgerissen. Die Leiche des 74-Jährigen wurde zwei Stunden später geborgen. Seit Beginn der heftigen Regenfälle am vergangenen Wochenende rückte die Feuerwehr landesweit zu 16.000 Einsätzen aus. 20.000 Menschen wurden in Sicherheit gebracht.

Im Süden Belgiens ist ein Mann bei dem Versuch gestorben, seine Bienenstöcke vor Hochwasser in Sicherheit zu bringen. Der etwa 60 Jahre alte Mann galt im Dorf Harsin seit Donnerstagabend als vermisst, wie ein Sprecher der übergeordneten Gemeinde Nassogne am Freitag sagte. Er sei durch den Fluss Wamme mitgerissen worden. Am Freitagvormittag hätten Rettungskräfte seine Leiche entdeckt.

Belgien war von den Überschwemmungen in Europa in den vergangenen Tagen zunächst weitgehend verschont geblieben. In den Ardennen traten aber mehrere Flüsse und Bäche über die Ufer, einige Straßen mussten wegen Schlammlawinen gesperrt werden. Einige Dutzend Menschen mussten in Notunterkünfte gebracht werden.

Die australischen Wetterbehörden haben vor schweren Unwettern an der Ostküste des Kontinents gewarnt. Es werden am Wochenende starke Regenfälle und hoher Wellengang erwartet, wie die Meteorologen am Freitag berichteten. Für niedrig gelegene Regionen wie den Süden des Bundesstaates Queensland und die Insel Tasmanien wurde zudem eine Flutwarnung ausgegeben.

Die heftigen Niederschläge folgen auf eine ungewöhnlich warme und trockene Wetterperiode. Grund dafür könnte ein Übergehen des Wetterphänomens El Nino zu La Nina sein. La Nina bringt gewöhnlich kühleres Wetter nach Australien.

Beim Durchqueren eines Hochwasser führenden Baches im US-Bundesstaat Texas sind mindestens drei Soldaten ertrunken. Weitere sechs Soldaten galten noch als vermisst, berichtete der Sender XKAN in der Nacht auf Donnerstag auf seiner Webseite.

Ihr Fahrzeug war in der Nähe von Fort Hood von einer plötzlichen Flutwelle im Owl Creek erfasst und umgekippt worden.

Drei Soldaten seien unmittelbar nach dem Unglück leicht verletzt aus den Fluten geborgen worden. Die Rettungstrupps setzten bei der Suche nach den Vermissten unter anderem Hubschrauber und Suchhunde ein. Tagelange Regenfälle hatten in der Region für Überschwemmungen gesorgt.