Chronik/Welt

Die Kunst des George W. Bush

Den Zeitpunkt der Ausstellungseröffnung hat man wohl nicht mit Absicht so gewählt: Zufall also, dass zeitgleich in Afghanistan gewählt wird – 12 Jahre nach dem Sturz der Taliban, einem blutigen Umsturz, den der ausstellende Künstler herbeigeführt hat.

Der Künstler, das ist George W. Bush: Der einst mächtigste Mann der Welt hat jene Männer und Frauen porträtiert, die seine Amtszeit begleitet haben – Angela Merkel findet sich darunter, auch Tony Blair oder Vaclav Havel. 20 Werke des einstigen Herrschers über das Oval Office sind jetzt im eigenen Museum der Bush-Familie in Dallas zu sehen. Der Titel der Schau: "The Art of Leadership: A President's Personal Diplomacy." Bush ist damit in allen Medien vertreten – und ist vom einstigen Kriegstreiber zwar nicht zum Liebling der Kunstelite, aber immerhin zur liebevoll belächelten Netz-Ikone aufgestiegen.

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„Wow, er ist ein Maler“


2005 spekulierte die New York Times noch darüber, ob Bush mit einem iPod in der Hand nicht die Aktien von Apple ins Bodenlose fallen lassen könnte – heute fragen Portale wie Buzzfeed sogar schelmisch danach, ob er nicht in der hauseigenen Tier-Abteilung gut aufgehoben wäre. Schließlich malt er mit Vorliebe seine Hunde, wenn er sich selbst nicht gerade in der Badewanne porträtiert. Vanity Fair nennt ihn gar ein „Hipster Icon“.

Bushs Unbeholfenheit, die ihm während seiner Amtszeit gerne Spott aus Europa eingetragen hat, passt nun viel besser – als Outsider-Künstler kann man schließlich viel leichter naive Dinge von sich geben. Von Jay Leno gefragt, was die Porträtierten denn wohl zu seiner Kunst sagen würden, meinte der einstige Präsident: „Ich denke, sie werden sagen: ‚Wow, George Bush ist ein Maler‘“.

Forrest-Gump-Kunst

Der Guardian stellte mit einem gewissen Maß an Traurigkeit fest, dass Bushs Kunst ihn sogar vermenschliche: Es sei, als „spräche man nett über das jüngste Kunstprojekt des Familienidioten“, schreibt das britische Blatt. Bushs Kunst sei irgendwie wie jene von Forrest Gump. Mit dem simplen Unterschied, dass Gumps politischer Einfluss sich in Grenzen hält.

Und dieser war bei Bush nicht zu verachten: Abseits des Internet-Hypes um seine Post-Polit-Aktivitäten gilt der 43. US-Präsident nach wie vor als eine der umstrittensten Führungspersonen der letzten Jahrzehnte; dies vor allem durch die US-Einsätze in Afghanistan und im Irak. Mehr als 600.000 tote Zivilisten im Irak und Afghanistan gehen auf das Konto dieser beiden Kriege – es ist also durchaus interessant, wie diese „zivilisierte Kunst eine überraschend große Menge an Blut einfach wegwischen“ kann, wie der Guardian passenderweise schreibt.