Kindesmissbrauch: 400 Priester „gefeuert“
Von Walter Friedl
Lange hat der Vatikan gemauert, doch jetzt ist es offiziell: Der sexuelle Missbrauch von Kindern durch katholische Geistliche hatte auch kirchenintern Konsequenzen. Brisante Papiere, die nun auftauchten, belegen, dass Alt-Papst Benedikt XVI. (2005 bis Anfang 2013) in seinen letzten beiden vollen Amtsjahren fast 400 Priester entlassen hatte.
2011 waren es 260 Würdenträger, das Jahr darauf 124. Das ist ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu 2008 und 2009. In diesem Zeitraum gab es „nur“ 171 Amtsenthebungen. Für 2010 liegen keine Zahlen vor.
„Schande der Kirche“
Publik wurden die Fälle während einer Überprüfung des Vatikan durch das UN-Komitee für die Rechte des Kindes im schweizerischen Genf. Dieses durchleuchtet turnusgemäß alle Länder, die die UN-Kinderrechtskonvention unterzeichnet und ratifiziert haben. Erstmals wurde nun auch der Kirchenstaat unter die Lupe genommen. Noch vor Bekanntwerden der Suspendierungen hatte das Komitee dem Vatikan mangelnde Transparenz im Umgang mit dem sexuellen Missbrauch von Minderjährigen vorgeworfen.
Mit dem jetzigen Papst Franziskus dürfte aber mehr Offenheit auch in dieser Frage eingezogen sein. In einer Messe in Rom prangerte der Pontifex Maximus diese Woche die „Niederlagen von Priestern, Bischöfen und Laien“ als „Schande der Kirche“ an. Nachsatz: „Haben wir uns dafür geschämt?“
„Mit aller Strenge“
Der Gesandte des Heiligen Stuhles bei den Vereinten Nationen, Erzbischof Silvano Tomasi, beteuerte in Genf, dass man künftig „mit aller Strenge“ gegen Pädophilie vorgehen werde. Die Richtlinien seien im Vorjahr verschärft, die Zusammenarbeit mit staatlichen Institutionen der Strafverfolgung sei ausgebaut worden. Für Übergriffe gebe es „keine Entschuldigung“.
Auslöser der härten Gangart war der Fall des päpstlichen Nuntius in Santo Domingo, woraufhin Franziskus 2013 die gesetzlichen Bestimmungen überarbeiten ließ. Erzbischof Jozef Wesolowski wird sexueller Missbrauch von Kindern vorgeworfen. Ihm soll jetzt im Vatikan der Prozess gemacht werden. Seine Nichtauslieferung an die Dominikanische Republik beziehungsweise an Polen hatte zu massiver Kritik geführt.