Sechs Tote bei Attacke auf Moschee in Quebec
Ein bewaffneter Angreifer hat eine Moschee in Quebec im Osten Kanadas gestürmt, sechs Menschen erschossen und 19 weitere teils lebensgefährlich verletzt. Kanadas Premierminister Justin Trudeau sprach von einem "Terroranschlag auf Muslime" und versprach, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.
Die Polizei stufte einen von zwei festgenommenen Verdächtigen am Montag als Zeugen ein und ging davon aus, dass nur einer der beiden Männer die Tat in dem Gotteshaus am Sonntagabend (Ortszeit) verübt habe. Die genauen Hintergründe der Tat waren zunächst unklar.
Bei dem mutmaßlichen Angreifer handelt es sich Medienberichten zufolge um einen Mann im Alter von etwa 25 Jahren aus einem Vorort von Quebec. Er sollte noch am Montag vor Gericht erscheinen. Einer der beiden zunächst Verdächtigten wurde vor der Moschee festgenommen, während der andere mit dem Auto flüchtete, dann aber die Polizei rief und sich stellte. In dem Fahrzeug wurde mindestens eine Waffe gefunden, die Wohnung eines der Festgenommenen wurde durchsucht.
Mehr als 60 Menschen hielten sich in der Moschee auf, als nach Angaben von Augenzeugen zwei maskierte Männer das Gebäude stürmten. Auch Frauen und Kinder, die sich im oberen Stockwerk der Moschee aufhielten, erlebten den Angriff Berichten zufolge. Die Todesopfer sind alle männlich und zwischen 35 und 60 Jahre alt. Unter ihnen sind ein Professor und ein Ladenbesitzer, berichtete die "Globe and Mail". 39 Menschen überlebten den Angriff ohne Verletzungen.
Die Sicherheit an Moscheen in Quebec sei verstärkt worden, sagte der Premierminister der französischsprachigen Provinz, Philippe Couillard. Auch die New Yorker Polizei nahm Moscheen als mögliche Angriffsziele verstärkt ins Visier. New Yorks Bürgermeister sprach von einer "schrecklichen Attacke". Frankreichs Präsident Francois Hollande bezeichnete die Tat als "abscheulich". US-Präsident Donald Trump, der einen Einreisestopp gegen sieben mehrheitlich muslimische Länder verhängt hatte, kondolierte Trudeau und erklärte, mit seinem eigenen Dekret vorausschauend gehandelt zu haben.
"Es ist entsetzlich", sagte der Moschee-Vorsitzende Mohammed Yangui der Nachrichtenagentur dpa. "Diese Menschen kommen jeden Tag friedlich zum beten, aber jetzt werden einige von ihnen nie wieder vom Gebet nach Hause zurückkehren. Ich bin schockiert, mir fehlen die Worte, um zu beschreiben, was ich fühle." Im Juni war ein abgetrennter Schweinekopf im Eingangsbereich der Moschee abgelegt worden.
Quebecs Premierminister Couillard betonte nach dem Anschlag die Solidarität mit der muslimischen Gemeinschaft. "Ihr seid willkommen bei uns. Wir alle sind Quebecer", sagte er bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bürgermeister Regis Labeaume und seinem Sicherheitsminister Martin Coiteux. Labeaume sagte, die "Mitbürger und Mitbürgerinnen" seien "unsere Nachbarn". Coiteux versicherte, es werde alles getan, die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten.
Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel verurteilte den Anschlag auf das Schärfste: "Der Angriff zielt ins Herz einer Nation, die für religiöse Toleranz und Vielfalt bekannt ist." Der Bürgermeister von Montreal, Denis Coderre, sagte am Montag wegen des Anschlags in Quebec einen geplanten Berlin-Besuch ab. Er hatte in der deutschen Hauptstadt der Opfer des Weihnachtsmarkt-Anschlags gedenken wollen, wie der Berliner Senat mitteilte.
Im Gedenken an die Opfer des Anschlags von Quebec schaltet die französische Hauptstadt Paris in der Nacht auf Dienstag die Beleuchtung des Eiffelturms ab. Die Lichter des Wahrzeichen sollten um Mitternacht erlöschen, kündigte Bürgermeisterin Anne Hidalgo an.
Weiterhin Flüchtlinge aufnehmen
Trudeau hatte am Samstag als Reaktion auf das von US-Präsident Donald Trump verhängte Einreiseverbot gegen Bürger mehrerer muslimischer Länder den Willen seines Landes bekräftigt, weiterhin Flüchtlinge aufzunehmen - unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit. Einwanderungsminister Ahmed Hussen erklärte am Sonntag, die wegen der US-Einreisebeschränkungen in Kanada gestrandeten Reisenden würden eine vorübergehende Aufenthaltsgenehmigung erhalten.
Trump hatte am Freitag per Dekret angeordnet, dass Bürger der sieben mehrheitlich muslimischen Länder Irak, Iran, Libyen, Somalia, Syrien, Sudan und Jemen für 90 Tage keine Visa erhalten dürfen. Flüchtlingen weltweit wurde die Einreise für 120 Tage untersagt, syrischen Flüchtlingen sogar auf unbestimmte Zeit.
Graffiti & Schweinekopf
Anti-muslimische Attacken hatten sich in Kanada bisher auf eher symbolische Taten beschränkt. So hatten Unbekannte im vergangenen Sommer einen Schweinekopf vor die Tür des Islamischen Kulturzentrums in Quebec abgelegt. Andere Moscheen im Land wurden mit rassistischen Graffiti bemalt.
August 2016: Mit einer selbst gebastelten Bombe plant ein IS-Anhänger in Strathroy (Provinz Ontario) einen Anschlag an einem belebten Ort. Die Polizei erschießt ihn, bevor er die Bluttat ausführen kann.
Oktober 2014: Ein Islamist tötet einen Soldaten am Weltkriegsdenkmal in Ottawa. Danach stürmt er das Parlamentsgebäude und schießt einen Wachmann an. Die Polizei tötet den Angreifer. Ein Bekennervideo zeige, so die Polizei, dass die Tat "ideologische und politische Hintergründe" gehabt habe.
Juni 2014: Ein schwer bewaffneter Mann erschießt in Moncton (New Brunswick) drei Polizisten und verletzt zwei weitere. Der Amokläufer gibt an, er habe gegen Personen vorgehen wollen, die Regierungsgebäude bewachten - und gegen Reiche.
Jänner 2010: Ein Gericht in Toronto verurteilt den Chef einer 18-köpfigen muslimischen Terrorzelle wegen der Planung von Anschlägen zu lebenslanger Haft. Er wollte drei Lastwagen mit je einer Tonne Sprengstoff gleichzeitig vor der Börse von Toronto, einem Gebäude des Geheimdienstes und einer Militärbasis zur Explosion bringen. Kanada sollte zum Rückzug aus Afghanistan gezwungen werden.
März 2005: Aus Hass auf Polizisten erschießt ein Waffennarr nahe Mayerthorpe (Alberta) vier Beamte. Auch der Angreifer wird getötet.