Chronik/Welt

Bosnien: Österreich hilft nach der Flut

45 Menschen starben, 100.000 Häuser wurden von dem Hochwasser zerstört. Hunderttausende sind ohne Strom, Ackerflächen wurden vernichtet. Tierkadaver lassen die Seuchengefahr in Bosnien und Serbien steigen. Die Versorgung mit Trinkwasser und Lebensmitteln ist in weiten Gebieten äußerst schwierig.

Und 120.000 vergrabene Landminen aus dem Jugoslawien-Krieg gefährden auch die Helfer: Am Mittwoch wurde in Bosnien ein Minenfeld nahe der Stadt Brcko überschwemmt, eine Landmine explodierte. Verletzte gab es zwar nicht – aber die Gefahr ist allgegenwärtig.

„Die Verzweiflung ist groß“, weiß Außenminister Sebastian Kurz. „Hilfe kennt keine Grenzen“, ergänzt Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Und darum unterstützt Österreich seine „Nachbarn“. Zum einen finanziell – die Bundesregierung hat eine Million Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds zur Verfügung gestellt. Sie wird je zur Hälfte auf Bosnien und Serbien aufgeteilt. Dazu kommt noch finanzielle Hilfe durch die EU – auf die hat allerdings nur Serbien als EU-Beitrittskandidat Anspruch.

Helfende Hände

Österreich unterstützt aber auch mit vielen helfenden Händen. Aktuell sind rund 80 Feuerwehrleute und Mitarbeiter der Wasserrettung im Einsatz. „Das Ausmaß der Katastrophe ist enorm. Die Infrastruktur ist zusammengebrochen“, schildert Albert Kern, Präsident des Bundesfeuerwehrverbandes.

Und Caritas-Präsident Michael Landau appelliert an das soziale Gewissen: „Die Situation ist dramatisch. Die Menschen mussten hilflos zusehen, wie ihr Hab und Gut davonschwimmt. Vor allem ältere Menschen sind verzweifelt.“ Deshalb brauche es auch die Gewissheit, dass Nachbarn da sind, die helfen. „Und diese Hilfe muss einen langen Atem haben. Denn das gesamte Ausmaß zeigt sich erst.“

Der KURIER hat eine Hilfsaktion gestartet (Spendenkonto, s. unten), zahlreiche Organisationen bitten um Spenden, auch der ORF startete zum elften Mal die Aktion Nachbar in Not. Das Bundesheer richtete in Bosnien die größte Luftbrücke in seiner Geschichte ein: Mit fünf Helikoptern und 200 Flügen wurden mehr als 900 Menschen in Sicherheit gebracht. Die Helikopter sind derzeit im Rahmen der EU-Mission EUFOR/Althea in Sarajevo stationiert und wurden von den bosnischen Behörden angefordert.

Maschinen gestürmt

Dabei ist auch ein Notarzthubschrauber „Alouette III“, der einen Arzt an Bord hat. Mit ihm wurden Verletzte, hochschwangere Frauen und Dialysepatienten geborgen. Hauptmann Nicolas Tschol berichtet von „unbeschreiblichen Szenen“, die sich den Hubschrauberpiloten bieten. Menschen, die in Eigenregie Landeplätze anlegten – und schließlich mit Tränen in den Augen die Maschinen stürmten. Nachdenklichkeit löste Mittwoch die Aussage des Chefs des Kommandos Luftunterstützung, Andreas Putz, aus. Er erklärte, dass bei künftigen Hochwassereinsätzen in Österreich wegen des reduzierten Spritkontingents die Flugleistungen nicht mehr „in gewohntem Umfang“ zu erbringen wären. Das betrifft allerdings nicht Bosnien – dort zahlt die EU den Treibstoff.

Alle Inhalte anzeigen
Auch andere Hilfsorganisationen aus Österreich engagierten sich im Hochwassergebiet. „Die haben alles verloren“, sagt Walter Leopold, Einsatzleiter der Kärntner Wasserrettung. Er ist gerade samt seinen Leuten aus Bosnien zurückgekehrt.

Vier Tage war er im Einsatz, um Betroffene zu retten. Am Freitag erhielt seine Truppe den Anruf aus dem Ministerium, am Samstag in der Nacht waren sie bereits vor Ort. „Um eins in der Nacht kamen wir an, zehn Minuten später hatten wir in Orasje den ersten Einsatzbefehl“. Die ganze Ortschaft war überflutet, erzählt Leopold weiter. „Bis zu zehn Meter stand das Wasser. Die Menschen waren auf den Balkonen, Kinder, alte Menschen. Gleich in der ersten Nacht war haben wir 27 Personen geborgen.“ Insgesamt hat der Trupp zwei- bis dreihundert Menschen gerettet, vielen hätten ihr Eigentum nur schwer verlassen.

Wenn Sie sich an der Hilfe beteiligen möchten, gibt es hier weitere Informationen:

KURIER-Aktion:

Alle Inhalte anzeigen

Caritas: Erste Bank IBAN: AT23 2011100001234560 BIC: GIBAATWWXXX, Kennwort: Hochwasser Südosteuropa

Österreichisches Rotes Kreuz: Erste Bank IBAN AT 572011 140014400144 BIC: GIBAATWWXXX, Kennwort Überflutungen Südosteuropa

Weitere Spendenaktionen:

Nachbar in Not, Kennwort "Hochwasser in Südosteuropa" Erste Bank IBAN: AT21.2011.1400.4004.4003 BIC: GIBAATWWXXX

Facebook-Initiative "Hilfsaktion für Flutopfer"

Arbeiter Samariter Bund Österreichs
IBAN: AT97 1200 0006 5412 2001 BIC: BKAUATWW

Diakonie: Erste Bank IBAN: AT85 2011128711966333 BIC: GIBAATWWXXX, Kennwort: Fluthilfe Südosteuropa

UNICEF Österreich: IBAN: AT466000000001516500 BIC: OPSKATWW, Kennwort: Nothilfe Balkan-Flut

Hilfswerk Austria International BAWAG P.S.K. IBAN: AT71 6000 0000 9000 1002 BIC: OPSKATWW Kennwort: Hochwasser Bosnien

Verein hilfhelfen - pomozi.ba Hilfsaktion für Flutopfer in Bosnien und Herzegowina IBAN: AT642011182266475400 BIC: GIBAATWWXXX

Bauern helfen Bauern: Raiffeisenbank Grödig AT75 3801 8000 000 1 0900 IBAN: RVSAAT2S018 www.bhb.sbg.at

20 freiwillige Feuerwehrleute aus Niederösterreich sind derzeit rund um Orasje und Vidovice im bosnischen Hochwassergebiet im Einsatz. 250 Menschen, darunter auch ein Baby, haben sie bisher mit Booten aus ihren überfluteten Häusern gerettet.

Seit fünf Tagen sind die Freiwilligen vor Ort. Mittlerweile haben sie nicht nur die Einsatzleitung übernommen, sie sind auch für die Versorgung der anderen Helfer zuständig. Auch Landesfeuerwehrkommandant Dietmar Fahrafellner macht sich jetzt ein Bild von der Lage. „Teilweise wollen die Menschen ihre Häuser gar nicht verlassen, weil sie Angst vor Plünderungen haben. Dann müssen wir sie eben in ihren Häusern bestmöglich versorgen“, sagt Fahrafellner.

Sinkende Pegel

Jetzt sind für die kommenden Tage erstmals sinkende Pegel prognostiziert. Wie lange der Einsatz für die Feuerwehrleute noch dauern wird, lässt sich aber trotzdem noch nicht abschätzen.