Chronik/Welt

Albinismus: Amnesty prangert Menschenjagd in Malawi an

In Malawi sind einem Bericht von Amnesty International zufolge seit November 2014 mindestens 18 Menschen mit Albinismus getötet worden - nach Angaben der Polizei sogar 65. Der Amnesty-Direktor für das südliche Afrika, Deprose Muchena, sprach am Dienstag in der Hauptstadt Lilongwe von einer "noch nie da gewesenen Welle von brutalen Angriffen". Der örtlichen Polizei warf die Organisation Untätigkeit vor.

"Glück und Wohlstand"

Fünf Menschen mit Albinismus werden dem Bericht zufolge noch vermisst. In Malawi herrscht der Aberglaube, dass Körperteile von Menschen mit Albinismus Glück und Wohlstand brächten.

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Die Tötungen führten zu einem Klima der Angst unter den schutzlosen Betroffenen, sagte Muchena. Malawis Behörden habe sie "kläglich im Stich gelassen" und kriminellen Banden ausgeliefert. Die Organisation wirft den Behörden auch Vertuschung weiterer Fälle vor.

"Menschen sagen mir ins Gesicht, dass sie mich verkaufen wollen", wird ein 37-Jähriger in dem Bericht zitiert. "Ein Mal sagte mir jemand, dass ich sechs Millionen Malawi-Kwacha (rund 7.500 Euro) wert sei."

Amnesty zufolge leben bis zu 10.000 der insgesamt 16 Millionen Menschen in Malawi mit Albinismus. Bei Betroffenen ist die Bildung des Pigments Melanin gestört, ihre Haut ist besonders hell.

Malawi geht gegen Medizinmänner vor

Nach der Ermordung mehrerer Albinos in Malawi geht die Justiz des südostafrikanischen Landes unterdessen gegen selbst ernannte Medizinmänner vor, wie vergangene Woche bekannt wurde. Ein am Mittwochabend am Hohen Gericht in Mzuzu ergangenes Urteil untersagt ihnen sowie den "traditionellen Heilern, Hexern und Wahrsagern", ihre Tätigkeit auszuüben. Damit sollten die Angriffe und Tötungen von Albinos verhindert werden, heißt es in dem Urteil.

Der Richterspruch verbietet auch Werbeanzeigen von sogenannten Wunderheilern in Zeitungen. Die Justiz in der Stadt im Norden Malawis befand über die Klage dreier Kunden von Medizinmännern, die sich darüber beschwerten, dass deren Versprechen nicht eintraten und sie bei ihren Ritualen Leichenteile von Albinos verwendeten.

Mehrere zehntausend Euro für eine Leiche

Die Menschen, die aufgrund eines Pigmentmangels weiße Haut und weiße Haare haben, gelten in Teilen Afrikas als Glücksbringer und Vorboten von Reichtum. Körperteile werden für umgerechnet Hunderte Euro verkauft, eine ganze Leiche für mehrere zehntausend Euro.

Die UNO hatte im April vor einer "systematischen Auslöschung" der Albinos in Malawi gewarnt. Derzeit leben geschätzt 10.000 Albinos in dem Land.

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