In Wohnmobile verdrängt: Einheimische können sich Mallorca nicht mehr leisten
Von Elisabeth Kröpfl
Joan hat sich arrangiert, so gut es eben geht. Auf wenigen Quadratmetern hat er ein Bett, eine kleine Küche und eine Sitzbank mit Fernseher untergebracht.
Doch Joan wohnt nicht in einer Einzimmerwohnung. Er lebt in einem Wohnwagen auf den Straßen von Palma, der Hauptstadt der Balearen. Eine Wohnung kann sich der gebürtige Mallorquiner in seiner Heimat nicht mehr leisten.
"Ich verdiene 1.100 Euro im Monat und müsste 1.000 für eine Wohnung bezahlen. Was soll ich davon essen? Wie soll ich zur Arbeit kommen?", fragt er in spanischen Medien. Nach einer Operation habe er drei Jahre lang in einem Auto geschlafen.
Wohnungsnot ist vielerorts groß
Wie Joan geht es immer mehr Spanierinnen und Spaniern, die sich trotz Vollzeitjob kein Dach über dem Kopf leisten können. Denn die Mietpreise in dem südeuropäischen Land sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Vor allem in Ballungszentren wie Madrid oder Barcelona ist die Wohnungsnot groß, auch weil das Mietwohnungsangebot in den letzten Jahren stark gesunken ist. Das von der linken Regierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez im Vorjahr verabschiedete Wohnungsgesetz, das unter anderem jährliche Mieterhöhungen bei Altverträgen auf derzeit drei Prozent begrenzt, konnte die Situation nicht entschärfen.
Auf den Balearen ist die Situation besonders prekär, wie Patricia Suárez, Präsidentin des Finanziellen Verbraucherschutzes Asufin, gegenüber RTVE betont. In keiner anderen Region Spaniens sind die durchschnittlichen Mietpreise höher.
Kaum geförderter Wohnraum
In Palma, wo der Quadratmeterpreis in zehn Jahren um 50 Prozent gestiegen ist, ist es heute fast unmöglich geworden, eine Wohnung für weniger als 1.000 Euro im Monat zu finden - und das bei einem gesetzlichen Mindestlohn von 1.134 Euro. Schätzungen zufolge ist Palma auch die Stadt mit dem fünftniedrigsten Durchschnittslohn in Spanien. Sozialwohnungen gibt es kaum.
Hinzu kommt, dass die Nachfrage nach Wohnraum auf der touristisch beliebten Inselgruppe vor allem im Sommer groß ist. Viele Vermieter bieten Einheimischen nur Mietverträge von Oktober bis Mai an. Von Juni bis September werden die Wohnungen teurer an Touristen weitervermietet. Tourismusangestellte mit befristeten Verträgen wie Joan, die alleine eine Wohnung suchen, haben es noch schwerer.
Es mangelt an Arbeitskräften
Das führt dazu, dass viele Saisonarbeiter erst gar nicht mehr auf die Inseln kommen wollen. In den letzten beiden Saisonen hatten Tourismus und Gastronomie zunehmend Probleme, Personal zu finden. Selbst im traditionell besser bezahlten öffentlichen Dienst mangelt es heuer an Arbeitskräften. Auch deshalb versucht die konservative Balearen-Regierung mit einer Gesetzesänderung gegenzusteuern. Leerstehende Hotelgrundstücke sollen künftig gezielt in Wohngrundstücke für Tourismusbeschäftigte umgewandelt werden.
Mehrere Arbeitgeber im Tourismusbereich haben begonnen, ihren Mitarbeitern Unterkünfte in den Hotelanlagen anzubieten. Um den Menschen das Leben akut zu erleichtern, wird auch über die Einrichtung von eigenen Wohnmobilstellplätzen nachgedacht.
Aktuell müssen die Camper nämlich auf öffentlichen Parkplätzen, auf der Straße oder vor Geschäften in Palma parken. Laut Stadtverordnung müssen sie alle zehn Tage den Stellplatz wechseln - und sie dürfen sich im öffentlichen Raum nicht ausbreiten, etwa Campingstühle oder Tische im Freien aufstellen.
Ganze Wohnsiedlungen entstanden
Dennoch sind in den Außenbezirken von Palma in den letzten Jahren ganze mobile Siedlungen entstanden, in denen teilweise mehr als 60 Wohnwagen, Wohnmobile, umgebaute Lieferwagen oder Pkw nebeneinander in den Straßen stehen. Zum Beispiel in den Stadtteilen Son Güells oder Ciudad Jardín in Palma, wo Anwohner bereits 2015 gegen die Wohnmobilbewohner Beschwerde eingelegt haben, weil sie keine Parkplätze mehr finden und sich mit einem zunehmenden Müllproblem konfrontiert sehen.
Die Wohnwagenbewohner fühlen sich im Stich gelassen. Joan: "Ich lade jeden Politiker ein, eine Woche lang in meinem Wohnmobil zu leben. Mal sehen, ob sie den Mut haben, mir zu sagen, dass das eine anständige Unterkunft ist."