WHO-Chef verteidigt China: "Zu spätes Handeln nicht belegt"
Der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, hat die Rolle der EU im weltweiten Kampf gegen die Corona-Pandemie gelobt. "Die WHO schätzt die Führungsqualitäten der EU in diesen beispiellosen Zeiten sehr", sagte Tedros am Donnerstag vor dem Gesundheitsausschuss des EU-Parlaments.
Kritik einiger Abgeordneter an der Haltung seiner Organisation zu China wies er zurück. Die EU-Abgeordneten hoben mehrheitlich die Bedeutung der WHO im weltweiten Kampf gegen das neuartige Coronavirus hervor. Seine Fraktion unterstütze "nachdrücklich" Tedros' persönliches Engagement und die WHO als Organisation, sagte der Konservative Peter Liese (CDU). "Ich glaube, dass das ganze Parlament Sie unterstützt". Glücklicherweise habe Tedros nichts gemein mit US-Präsident Donald Trump, der in der Krise falsch agiere.
"Können China nicht kritisieren"
Trump hatte der WHO und ihrem Chef wiederholt vorgeworfen, zu China-freundlich zu sein. Er kündigte deshalb das Ende der US-Beitragszahlungen und später den Austritt seines Landes aus der Organisation an. Abgeordnete der rechtspopulistischen und rechtsnationalen EU-Fraktionen griffen diese Vorwürfen allerdings auf. Die WHO habe an Vertrauen verloren, weil sie China nicht kritisiere, sagte etwa die spanische Abgeordnete Margarita de la Pisa.
Tedros wies dies zurück. "Wir können China nicht dafür kritisieren, zu spät gehandelt zu haben", weil es bisher keine Informationen gebe, die dies belegten. Er verwies auf die von der WHO eingeleitete unabhängige Untersuchung zu den Ursprüngen und der ersten Ausbreitung des Coronavirus.
Außerdem wiederholte der WHO-Chef sein ausdrückliches Lob für Chinas Reaktion auf den ersten großen Corona-Ausbruch in der Provinz Hubei im Jänner. Die Maßnahmen dort seien "sehr stark" gewesen. "Und sie haben das Virus in Rekordzeit identifiziert (...) und das Ergebnis sofort geteilt". Nicht nur die WHO, sondern auch viele andere Länder hätten dies sehr geschätzt.
EU-Länder sollen rigoros vorgehen
Den Ländern der EU legte der Äthiopier in der jetzigen Phase der Pandemie nahe, rigoros vorzugehen: "Sie müssen testen und jeden Fall isolieren und behandeln und alle Kontakte finden und unter Quarantäne stellen", forderte er. Kosten dürften dabei nicht gescheut werden, denn "letztlich sind die Ausgaben für Gesundheit keine Kosten, sondern Investitionen".
Für die Zukunft müsse zudem sichergestellt werden, "dass die Lehren aus der Pandemie gezogen werden", sagte Tedros weiter. Dabei gehe es nicht nur um die Vorbereitung auf künftige Ausbrüche von Krankheiten, sondern um das große Bild, die Beziehung zwischen Mensch und Natur. "Wir müssen unseren Lebensstil hinterfragen" und etwa entschieden gegen den Klimawandel vorgehen.