Kindesmissbrauch durch polnische Priester setzt Regierung zu
Von Konrad Kramar
Der Skandal um Kindesmissbrauch durch polnische Priester setzt nicht nur die katholische Kirche, sondern auch die von der PiS-Partei geführte Regierung unter täglich wachsenden Druck. Zwei Wochen vor den EU-Wahlen und mit dem bereits beginnenden Wahlkampf für die polnischen Parlamentswahlen im Herbst versetzt die im Internet vor wenigen Tagen veröffentlichte Dokumentation „Erzähl es einfach niemandem“ über Missbrauchsfälle in der polnischen Kirche das Land in den medialen Ausnahmezustand. Für die PiS eine schwere Belastung, schließlich präsentiert man sich als enger Partner der Kirche und Beschützer ihrer in Polen immer noch tragenden gesellschaftlichen Rolle. Parteichef Jaroslaw Kaczynski hat erst kürzlich wieder einmal deutlich gemacht, dass die PiS jeden Angriff auf die Kirche auch als Angriff gegen die Regierung betrachte.
Jetzt reagiert man und will im Eiltempo eine Verschärfung der entsprechenden Strafgesetze durchs Parlament bringen. „Das bisherige Strafausmaß für solche Fälle ist viel zu niedrig“, kritisiert Justizminister Zbigniew Ziobro im Gespräch mit dem KURIER und anderen österreichischen Medien die bestehende Rechtslage, „vor allem ist es unverständlich, dass für Personen, denen die Minderjährigen anvertraut sind, bisher mildernde Umstände galten“, also gerade Priester oder Lehrer.
Auf bis zu 30 Jahre Haft sollen die Höchststrafen für derartige Verbrechen hinaufgesetzt werden, das wäre mehr als eine Verdoppelung des bisherigen Strafausmaßes. Auch sollen Begnadigungen oder vorzeitige Haftentlassung nicht mehr möglich sein, kündigt der Minister an.
„Weisungen aus Rom“
Noch massiver unter Zugzwang steht in diesen Tagen die polnische Kirche. Auch sie versucht rasch zu reagieren und sich offen zu zeigen, wie einer ihrer höchstrangigen Vertreter gegenüber dem KURIER deutlich macht. „Es ist keineswegs so, dass die polnische Kirche dieses Problem nicht sehen will“, verteidigt sich der Krakauer Erzbischof Marek Jedraszewski: „Ganz im Gegenteil.“ Man habe schon vor Jahren eine Kommission zur Untersuchung solcher Fälle eingesetzt. Außerdem habe Papst Franziskus erst kürzlich radikale Maßnahmen im Kampf gegen Pädophilie in der Kirche angekündigt: „Wir werden uns also genau an die Weisungen aus Rom halten.“
Im Umgang mit den Priestern, die sich schuldig gemacht hätten, werde man eng mit den staatlichen Justizbehörden zusammenarbeiten: „Wir sind bereit, die Behörden in alle Untersuchungen einzubeziehen.“ Jedraszewski gilt als Konservativer, der gegenüber kirchlichen Reformen skeptisch eingestellt ist, betont aber, dass Polens Kirche ohnehin streng im Umgang mit Missbrauchsfällen sei.
K. Kramar, Warschau