Tausende protestieren im Libanon - auch wegen Whatsapp
Mit brennenden Barrikaden, Protestzügen und Blockaden haben Tausende Demonstranten am Freitag das öffentliche Leben im Libanon größtenteils lahmgelegt. Schulen blieben ebenso geschlossen wie viele Geschäfte an zentralen Plätzen in der Innenstadt von Beirut. Die Proteste richteten sich gegen Korruption und geplante Sparmaßnahmen der Regierung des Mittelmeerstaates.
Am Donnerstag hatte Informationsminister Dschamal Dscharra zunächst eine tägliche Gebühr von 0,20 US-Dollar auf die Nutzung von Kommunikationsdiensten wie WhatsApp zum Telefonieren bekanntgegeben.
Libanons Premierminister Saad Hariri versprach in einer Fernsehansprache am Freitagabend Besserungen. Er gab seinen politischen Partnern in der Regierung 72 Stunden Zeit, nach Lösungen für die wirtschaftliche Krise zu suchen. Der Libanon müsse dringend notwendige Reformen angehen.
Das kleine Land mit 6,8 Millionen Einwohnern kämpft mit einer Wirtschafts- und Finanzkrise. Die Staatsverschuldung liegt bei 86 Milliarden US-Dollar (gut 77 Milliarden Euro), was einer Quote von etwa 150 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) entspricht. Es ist eine der höchsten Schuldenquoten weltweit.
Bereits in der Nacht zum Freitag waren Tausende Menschen in mehreren Städten des Landes auf die Straße gegangen. Sie zündeten Straßenbarrikaden und Autoreifen an. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein. Bei Zusammenstößen wurden nach Angaben des Innenministeriums und des Roten Kreuzes etwa 60 Polizisten und mehr als 100 Demonstranten in der Hauptstadt Beirut verletzt.
Angesichts der Proteste verkündete Telekommunikationsminister Mohammed Schukair nur Stunden nach der umstrittenen Entscheidung zur Gebühr für Internettelefonie, dass die Änderung nicht in Kraft treten werde. Die Proteste gingen dennoch weiter. Es sind die größten im Libanon seit Jahren.
„Wir werden die Straße nicht verlassen, bis die Diebe in der Regierung nicht verschwinden“, sagte der 27-jährige Demonstrant Mahmoud. Viele Protestierende trugen die libanesische Flagge und forderten Politiker zum Rücktritt auf. „Die Regierung und der Präsident müssen verschwinden.
Alle Libanesen sind hungrig und haben kein Geld und keine Jobs“, sagte Hania Mabsut.
Demonstranten stürmten unter anderem das Büro eines schiitischen Abgeordneten im Südlibanon. Sie blockierten auch die Hauptstraße in Richtung des internationalen Flughafens von Beirut.
Einige Passagiere versuchten, zu Fuß mit ihren Koffern den Flughafen zu erreichen. Soldaten räumten am Freitag brennende Reifen und Barrikaden zur Seite und versuchten, blockierte Straßen zu öffnen.
Libanons Außenminister Dschibran Bassil warnte vor Chaos in dem Zedernstaat. Zudem mahnte er drastische Reformen an. Er forderte die Demonstranten aber auch auf, der Regierung Zeit zu geben, um über das Budget für das kommende Jahr zu beraten. Bassil kritisierte, einige libanesische Parteien würden die Situation ausnutzen, um die Regierung zu stürzen.