Missbrauchsvorwürfe gegen Stronach: Heute muss er vor Gericht
Der austrokanadische Milliardär und Ex-Politiker Frank Stronach muss sich heute, am 8. Juli, wegen Missbrauchsvorwürfen von zehn Frauen vor Gericht verantworten.
Wie aus in Ottawa veröffentlichten Gerichtsdokumenten hervorgeht, werden dem 91-Jährigen 13 Straftaten zur Last gelegt, darunter versuchte Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und Freiheitsberaubung.
Die ersten Vorwürfe gehen auf das Jahr 1977 zurück, die letzten auf Anfang des vergangenen Jahres. Der 91-Jährige streitet alle Vorwürfe ab.
Unter Auflagen freigelassen
Zweimal wurde Stronach von der Polizei festgenommen und unter Auflagen wieder freigelassen worden. Heute findet in Brampton, Kanada, ein erster Prozess statt. Ob Stronach persönlich oder online erscheinen wird, ist nicht bekannt. Die Staatsanwaltschaft legt der Verteidigung unter Ausschluss der Öffentlichkeit Beweise vor. Frank Stronach muss dort nicht zu den Vorwürfen Stellung nehmen.
"Bizarres Erlebnis"
Den Dokumenten zufolge reichen die Anschuldigungen der versuchten Vergewaltigung bis ins Jahr 1977 zurück. Weitere Opfer werfen dem Milliardär Vergewaltigung und sexuelle Übergriffe in den 1980er, 1990er- und frühen 2000er-Jahren vor. Auch im Frühjahr 2023 soll der Milliardär sexuelle Übergriffe gegenüber Frauen verübt haben.
Einige Vorfälle ereigneten sich demnach in Toronto, weitere auch in der kanadischen Stadt Aurora, wo Stronachs ehemalige Firma Magna International ihren Hauptsitz hat.
Die New Yorker Autorin Jane Boon berichtete im ORF-Radio von einem "bizarren Erlebnis" mit Stronach. Die damals 19-jährige Studentin hatte den Milliardär in den 1980er-Jahren kennengelernt, weil ihre Universität mit Magna kooperierte.
Gästehaus und Flüsternetzwerk
Der damals 54-Jährige habe sie mehrmals eingeladen, bei einem Managertreffen sei ihr Weinglas immer voll gewesen und Stronach habe darauf beharrt, dass sie ihr Auto stehen lässt und in seinem Gästehaus übernachtet. An jenem Abend sei es schließlich auch zu sexuellen Handlungen zwischen der Studentin und dem Ex-Magna-CEO gekommen. "Seine Sorge um meine Fahrtüchtigkeit erstreckte sich nicht auf das Schlafzimmer", schrieb Boon Ende Juni in der kanadischen Zeitung "The Globe and Mail".
Es sei eine beunruhigende und unangenehme Erfahrung gewesen, "es war keine Vergewaltigung, aber es war Machtmissbrauch, es war ausbeuterisch und es war falsch". Auch deshalb habe Boon danach die Autoindustrie verlassen. Nachdem Boon von ihren Erfahrungen in der kanadischen Zeitung berichtet hatte, hätten sich weitere Frauen, die bei Magna gearbeitet haben, gemeldet. "Das Gästehaus war offenbar legendär. Es gab eine Art Flüsternetzwerk", berichtete Boon im ORF-Radio. "Erfahrene Sekretärinnen nahmen neue Mitarbeiterinnen zur Seite und sagten ihnen, 'gehe nicht in die Nähe dieses Gästehauses'."
Anschuldigungen öffentlich
Auch im April 2023 und im Februar dieses Jahres soll der Milliardär sexuelle Übergriffe gegenüber Frauen verübt haben. Zunächst hatten sich drei Frauen gemeldet, sieben weitere kamen dazu, nachdem die Polizei die ersten Anschuldigungen öffentlich gemacht hatte.
Stronach ließ durch seinen Anwalt Brian Greenspan erklären, er weise die Vorwürfe zurück und werde sich vor Gericht "energisch" dagegen verteidigen. Nach der ersten Festnahme hatte sein österreichischer Anwalt Michael Krüger Ermittlungen wegen sexuellen Missbrauchs und Vergewaltigung bestätigt.
Der gebürtige Steirer hatte in Kanada ein kleines Werkzeugunternehmen zu einem der weltweit größten Automobilteilehersteller, Magna International, ausgebaut. Im Alter von 80 Jahren gab der Milliardär die Führung des Unternehmens ab.
In Österreich wurde der heute 91-Jährige durch sein Sport-Investment im Fußball und Pferdesport sowie als Gründer der kurzzeitig auch im Nationalrat vertretenen Partei Team Stronach einer breiten Öffentlichkeit bekannt.