Chronik/Welt

Auf Thron- folgt Kopfwechsel: Charles bekommt eigenen Geldschein

Queen Elizabeth II weilt zwar seit eineinhalb Jahren nicht mehr unter uns und doch begleitet sie die meisten Engländer immer noch täglich. Im Supermarkt, im Restaurant, am Flohmarkt nimmt man sie in die Hand – zumindest ihren Kopf. Denn auf den 4,6 Milliarden Banknoten, die im Vereinigten Königreich im Umlauf sind, ist weiterhin die langjährige Monarchin zu sehen.

Im Sommer ist damit Schluss. Ab 5. Juni werden die ersten Geldscheine mit dem Bild von König Charles in Umlauf gebracht. Die Scheine der Queen werden daraufhin einbehalten, geschreddert, zu Pellets verarbeitet und bekommen als Blumentöpfen oder Aufbewahrungsboxen eine neue Aufgabe.

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Manche Geldschein-Streifen sind heuer sogar an Christbäumen gehangen – nachdem das Bank of England Museum in einem Weihnachtsworkshop transparente Christbaumkugeln mit den Geldschnipseln füllen ließ. 

Ganz radikal geht die Bank of England aber nicht vor: Die Noten der Queen sind weiter gültig, und so werden Briten demnächst zwei Monarchen im Geldbörserl finden. Was für alle unter 64-Jährigen ein Novum ist, sei eigentlich eine Rückkehr zur Norm, sagt Geschichtsprofessorin Chloë McKenzie von der Northeastern University London in Northeastern Global News, waren langjährige Monarchen früher die Ausnahme.

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Die Krone, immer dabei

Die Abbildung des Monarchen auf den Münzen hatte laut McKenzie einst einen klaren Zweck: "Als es noch keine Fotografien gab, sahen die Menschen das Bildnis des Königs oder der Königin hauptsächlich auf den Münzen." Noch heute erfülle die Münze eine wichtige Aufgabe, ergänzt Kollegin und Marketingprofessorin Courtney Hagen-Ford: "Die meisten von uns werden nie erleben, wie er das Parlament eröffnet oder offizielle Aufgaben wahrnimmt", sagt sie.  Über das Geld sei der Monarch allgegenwärtig. Bei jeder Transaktion, meint McKenzie, hält man König oder Königin in der Hand. Die Botschaft: "Man kann der Krone nicht entkommen."

Immer häufiger kann man das aber doch. Wer unlängst in England auf Urlaub war, kam möglicherweise mit unnötig gewechselten Pfund-Scheinen wieder nach Hause. In immer mehr Restaurants, Attraktionen und Shops, selbst bei kleinen Pop-up-Ständen am Flohmarkt heißt es "card only".

Zahlen der englischen Zentralbank zeigen einen rapiden Rückgang des Bargeldverkehrs: Wurden 2011 noch 55 Prozent aller Transaktionen mit Bargeld durchgeführt, waren es zehn Jahre später nur mehr 15 Prozent. Die Covid-Pandemie hat die Entwicklung weiter beschleunigt. Bis 2031, prognostiziert die Bank, könnten nur mehr 6 Prozent der Zahlungen mit Münzen und Scheinen beglichen werden. Bereits heute werden täglich 70 Millionen Zahlungen mit Kredit- und Bankomatkarte getätigt.

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4,6 Milliarden Pfund Sterling-Banknoten mit dem Gesicht der Königin im Wert von insgesamt 94 Mrd. Euro sind im Umlauf. Das erste Mal war die Queen 1960 auf Banknoten zu sehen.

27 Milliarden Münzen mit dem Kopf der Königin sind ebenfalls im Umlauf. Die Münzen, die seit Jänner 2023 geprägt wurden, tragen bereits den Kopf des neuen Königs. Begonnen wurde mit 9,6 Millionen 50-Pence Stücken. 

70 Millionen Transaktionen werden in England täglich mit Kredit oder Bankomatkarte getätigt.

15 Prozent der Zahlungen passierten 2021 mit Bargeld. Bis 2031 soll sich die Zahl auf 6 Prozent reduzieren.

830 Millionen Banknoten werden im Vereinigten Königreich jedes Jahr vernichtet.

Obwohl eine neue Ausstellung im Bank of England Museum – die auch die neuen Banknoten mit Charles-Konterfei präsentieren – verschiedene Zukunftsmodelle von Geld erörtert, betont die Institution die Wichtigkeit von Bargeld. 2022 besaßen 1,1 Millionen Briten kein Bankkonto und waren auf Bargeld angewiesen.

Charles, ein Links-Blicker

Die Münzen von Elizabeth und Charles haben übrigens einen auffälligen Unterschied: Während Elizabeth nach rechts sah, wird Charles nach links blicken. Die Tradition verlangt, dass sich die Blickrichtung bei jedem Thronwechsel ebenfalls ändert. So gilt es seit der Krönung von Charles II 1661. Möglicherweise, weil er Oliver Cromwell, der seinen Vater köpfen ließ und ihm auf der Münze voranging, den Rücken kehren wollte.

In vier Jahrhunderten gab es nur eine Ausnahme: Elizabeths Onkel Edward VIII. Edward, verrät der Blog The Importance of Being Trivial, hätte Rechts-Schauer sein müssen, bestand aber darauf, nach links zu sehen. Weil er aber nur zehn Monate im Amt war, wurden die Münzen nie ausgegeben.