Chronik/Welt

Kardinal nach Tod von Ex-Papst: "Kein Hochgeschwindigkeitszug in den Himmel"

Der emeritierte deutsche Kurienkardinal Walter Kasper (89) ist gegen ein beschleunigtes Kirchenverfahren zur Heiligsprechung des verstorbenen Ex-Papstes Benedikt XVI.

"Das kanonische Recht besagt, dass man mindestens fünf Jahre nach dem Tod warten muss, bevor man einen solchen Prozess eröffnet, und das ist ein sehr vorsichtiger und weiser Hinweis. Man fährt nicht mit dem Hochgeschwindigkeitszug in den Himmel", so Kasper im Interview mit der Zeitung La Repubblica vom Sonntag. 

"Besser, zu schweigen"

Kasper äußerte Bedenken über Benedikts Privatsekretär, Georg Gänswein, der in einem kommende Woche erscheinenden Buch mit dem Titel "Nient'altro che la verità" (Nichts anderes als die Wahrheit) Papst Franziskus kritisiert. "Es wäre besser gewesen, zu schweigen. Jetzt ist nicht die Zeit für solche Dinge", so Kasper.

Laut dem deutschen Kardinal kann man Benedikt nicht mit dem amtierenden Papst Franziskus vergleichen: "Sie sind unterschiedliche Persönlichkeiten, das ist offensichtlich, sie kommen aus unterschiedlichen Kulturen, der eine aus einer europäischen, der andere aus einer lateinamerikanischen Kultur, das ist klar, aber unter dem theologischen Aspekt waren sie sich viel näher, als wir denken."

"Mit dem Kopf regieren"

Papst Franziskus habe Benedikt oft zitiert, freundschaftliche Beziehungen zu ihm gehabt. "Es sind keine weiteren Unterschiede festzustellen, und die Tatsache, dass es einen Unterschied in den Akzenten zwischen den beiden gibt, ist völlig normal", erklärte Kasper.

Franziskus habe nicht die Absicht, auf das Amt zu verzichten, meinte der Kardinal. Im Falle einer ernsthaften gesundheitlichen Beeinträchtigung hätte er zwar kein Problem damit zurückzutreten, aber, wie Franziskus selbst sagte, "man regiert nicht mit den Beinen, sondern mit dem Kopf", argumentierte Kasper. Franziskus blicke bereits auf das katholische Jubiläum im Jahr 2025.