Chronik/Welt

Geschlechtergerechtigkeit: Deutschland muss anders buchstabieren

Von Eva Sager

Man kann den Deutschen ja viel vorwerfen, aber ordnungsmüde sind sie sicher nicht. Auch nicht, wenn es um das Alphabet geht. Wie schrieb schon Friedrich Schiller: „Hinter dem U kommt gleich das Weh, das ist die Ordnung im ABC.“ Und dieser Ordnung will nun das Deutsche Institut für Normung (DIN) mit einer neuen Buchstabiertafel an den Kragen. Statt „A wie Anton“ soll es in Zukunft „A wie Augsburg“ heißen, Städtenamen lösen in einem veröffentlichten Entwurf die bisher verwendeten Vornamen ab. Statt Berta kommt Berlin. Statt Otto Oldenburg.

Die bedeutendste Normungsorganisation der Bundesrepublik möchte damit ein Zeichen setzen. Zum einen sind Berta, Dora, Ida, Martha, Paula und Xanthippe gegenüber ihren männlichen Kollegen deutlich in der Unterzahl. 16 Männer- und nur 6 Frauen-Vornamen finden sich in der aktuellen Buchstabiertafel. Mit dem Umschwenken auf Städtenamen wird also auch auf die Geschlechtergerechtigkeit im Alphabet geachtet. Man will moderner werden. Und das ist mit Friedrich und Siegfried zugegebener Weise etwas schwieriger als mit Frankfurt und Stuttgart.

A wie Augsburg 
B wie Berlin
C wie Cottbus
Ch wie Chemnitz
D  wie Düsseldorf
E wie Essen
F wie Frankfurt
G wie Görlitz
H wie Hannover
I wie Iserlohn
J wie Jena
K wie Köln
L wie Leipzig
M wie  München
N wie Nürnberg
O wie Oldenburg
P wie Potsdam
Q wie Quickborn
R wie Regensburg
S wie Stuttgart
Sch wie Schwerin
ß wie Eszett 
T wie Tübingen
U wie Unna 
V wie Vogtland
W wie Wuppertal
X wie Xanten
Y wie Ypsilon
Z wie Zwickau

Nazis krempelten um

Den zweiten Anstoß für die Umgestaltung lieferte laut Pressemitteilung des Instituts Dr. Michael Blume, Antisemitismusbeauftragter des Landes Baden-Württemberg. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten tilgten diese alle jüdischen Namen aus der Buchstabiertafel. Aus David wurde Dora, aus Nathan Nordpol. Rückgängig gemacht wurde das nach dem Zweiten Weltkrieg nur teilweise. „Es war Zeit, das gemeinsam aufzuarbeiten und zu beenden. Ich freue mich daher, dass der Ausschuss sich des Themas angenommen hat und wir heute einen neuen Vorschlag präsentieren können“, sagte Blume, der an der Umgestaltung mitwirkte.

Zur Diskussion steht der Entwurf, den Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Bildung und öffentlicher Hand ausgearbeitet haben, nun für eine interessierte Öffentlichkeit. Man freue sich über Kommentare, heißt es auf der Homepage. Wann Friedrich, Cäsar und Co. ihre Zwangspension antreten müssen, ist noch unklar. Die finale Fassung wird voraussichtlich 2022 veröffentlicht.