Ein 2000 Jahre altes Krönungsritual
Von Martina Salomon
Als österreichischer Politiker kann man in Japan leicht punkten: Alle lieben hier die Wiener Philharmoniker und die Sängerknaben. So auch der neue japanische Tenno Naruhito. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat das Kaiserpaar beim abendlichen Bankett zu einem Wien-Besuch eingeladen. Dieser finde hoffentlich noch in seiner jetzigen Amtszeit in der Hofburg statt, sagte er zu Journalisten.
Davor – nach japanischer Zeit um 13 Uhr – ging die Krönungszeremonie über die Bühne. Wie immer war das auch ein Stelldichein des Hochadels: Vertreter aus allen europäischen Königshäuser zeigten sich, unter anderem der britische Prinz Charles und Schwedens König Gustaf. Repräsentanten aus fast 200 Ländern waren angereist – als Zeichen der Wertschätzung Japan gegenüber, wie Van der Bellen betonte. Hotels, Flüge und Sicherheitspersonal in Tokio waren dieser Tage ausgebucht.
2000 Jahre altes Ritual
Die Krönung lief nach einem seit 2000 Jahren unveränderten Ritual ab. Wer jemals in einem japanischen Noh-Theater saß, kann es sich vorstellen: wenig Text, mythenbehaftete Insignien, viel langsames, würdevolles Gehen, alte Kostüme, Gong. Kaiserin Masako trug einen Kimono aus 12 Lagen. Darin kann man natürlich nicht hudeln.
Den Besuchern wurden Verhaltensregeln mitgegeben, (nicht ohne den Hinweis, dass Westler das nicht unbedingt befolgen müssen): also Aufstehen beim Gong, niedersetzen beim Trommelschlag. Kaiser und Kaiserin saßen auf zwei getrennten, zunächst mit Vorhängen verhüllten Thronen. Naruhito trug eine braun-orange Robe im Stile des 9. Jahrhunderts. Er hoffe aufrichtig, dass sich sein Land weiter entwickle und zu Freundschaft und Frieden der internationalen Gemeinschaft beitrage, sagte der Monarch.
Auch Ministerpräsident Shinzo Abe hielt vor dem erhöht sitzenden Kaiser eine kurze Rede und ließ ihn dann mit einem dreimaligen „Banzai“ (Zehntausende Jahre) hochleben, um ihm ein langes Leben zu wünschen. Die Anwesenden stimmten ein und rissen die Arme dazu hoch. Die Zeremonie endete, indem die Vorhänge um den Thron wieder geschlossen wurden.
Der japanische Kaiser hat nur repräsentative und keinerlei politische Aufgaben. Und keine adelige Familie ist so sehr Gefangene des Protokolls. Bei der neuen Kaiserin (die eigentlich Diplomatin werden wollte) soll das Depressionen ausgelöst haben, die in Japan dezent mit „Anpassungsstörungen“ umschrieben wurden.
Akihito (85), Vater des 59-jährigen Naruhito ist nach 30 Jahren sozusagen in Pension gegangen. Das ist neu: Bisher endete die Amtszeit in der ältesten Erbmonarchie der Welt mit dem Tod.
Wo war die Göttin?
Dafür, dass das Kaiserhaus laut Legende von der Sonnengöttin abstammt, war das Wetter miserabel: Es regnete in Strömen. Die Japaner regelten den internationalen Event mit ihrer typischen Höflichkeit und Zuvorkommenheit – etwas umständlich und außerdem mit unglaublichem Personalaufwand.
Glück für Österreich: Die Kaiserkrönung fiel zufällig mit dem 150-Jahr-Jubiläum der diplomatischen Beziehungen beider Länder zusammen. Damals hatte auch Österreich(-Ungarn) ein Kaiserhaus.