Deutscher Survival-Guru Rüdiger Nehberg gestorben
Er war der bekannteste Abenteurer und Überlebenstrainer Deutschlands: Rüdiger Nehberg, Spitzname "Sir Vival". Am 1. April ist er nun mit 84 Jahren in Rausdorf in Schleswig-Holstein gestorben.
Nehberg hatte einst den Atlantik auf einem Baumstamm, einem Tretboot und einem Floß überquert, er hatte sich monatelang allein und ohne Ausrüstung durch Regenwald und Wüste gekämpft und alle Angriffe von Tieren und Menschen überstanden.
Seit Anfang der 1970er Jahre bereiste Nehberg auf spektakuläre Weise die Welt. "Erst war es Neugier und Abenteuerlust, der Sinn kam dazu, als ich Augenzeuge geworden war", beschrieb er einmal seinen Weg vom Marzipanbäcker zum Menschenrechtler. Denn Nehberg war auch bekannt dafür, dass er gegen das grausame Ritual der weiblichen Genitalverstümmelung kämpfte. Erst nur Abenteurer, dann Aktivist.
Nehbergs Survival-Tipps für den Wald
Torten und Torturen
Der gelernte Bäcker und Konditor Nehberg hatte sich in den 1960er Jahren in Hamburg selbstständig gemacht und mehrere Geschäfte betrieben. "Die Welt der Torten und die der Torturen, das Leben zwischen Marzipan und Moskito", beschrieb er jene Zeit, die mit seiner ersten Fahrt auf dem Blauen Nil 1970 begann.
Rund zwanzig Jahre später entschied er sich ganz für das Leben als Abenteurer. "Früher war es die Lust, sich selbst etwas zu beweisen, und die Neugier auf die Welt", erzählte der gebürtige Bielefelder über das, was ihn antrieb. Etwa dazu, ohne Geld und Proviant Deutschland zu durchwandern und sich von Regenwürmern zu ernähren. Das Image als "Würmerfresser" würde ihm wohl bis an sein Lebensende anhaften, sagte er später.
"Du wirst nicht alt"
Mit Radtouren um die halbe Welt hatte es angefangen. Mit dem Fahrrad fuhr er schon als 17-Jähriger nach Marokko. In Marrakesch wollte er die Schlangenbeschwörung erlernen, während ihn seine Eltern in Paris wähnten. "Wenn du so weitermachst, wirst du nicht alt", warnte ihn sein Vater. Er sollte sich irren.
Selbst in einem Alter, in dem andere sich zur Ruhe gesetzt haben, nahm Nehberg im Jahr 2000 lieber auf einem Baumstamm Platz und segelte von Afrika nach Brasilien. Drei Jahre später seilte er sich vom Hubschrauber in 50 Meter Höhe über dem brasilianischen Regenwald ab und schlug sich wieder einmal allein und ohne Ausrüstung durch den Dschungel.
"Heute gibt es Extremsportler oder Basejumper, sie erleben keine Abenteuer, sondern machen Werbung für Red Bull", schrieb der Spiegel. "Nehberg dagegen hat sein Leben damit verbracht, sich Träume zu erfüllen."
Vom Begriff "Survival" hatte Nehberg in den 60er Jahren zum ersten Mal gehört - später wurde er selbst zum deutschen "Sir Vival". Auch dank seiner Bücher mit Überlebenstrainingstipps wie dem bereits Ende der 70er Jahre erschienenen "Die Kunst zu überleben - Survival", seiner Lesungen und Vorträge sowie spezieller Camps im großzügigen Garten einer ausgebauten Mühle im beschaulichen Rausdorf bei Hamburg.
Mehr als ein Abenteurer
Es war eine frühe Begegnung mit dem von Goldgräbern bedrohten indigen Yanomami-Volk im brasilianischen Regenwald, die sein Leben nachhaltig veränderte. Nehberg wollte seinen Aktionen von nun an einen Sinn geben und engagierte sich unter anderem in der Göttinger Gesellschaft für bedrohte Völker.
Von mehr Plänen als Restlebenszeit sprach Nehberg zuletzt immer wieder. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Annette kämpfte er mit dem Verein Target gegen die Genitalverstümmelung bei Mädchen in Afrika und Asien. Er wisse, sagte er, dass seine Frau diesen Kampf auch nach seinem Tod fortsetzen werde. "Wir sind ein unzerstörbares Duo."