Eskalation der Gewalt in Afghanistan: Mindestens 60 Tote
Nach dem Abbruch der Gespräche über Frieden in Afghanistan eskaliert die Gewalt in dem Land. Bei einem Taliban-Anschlag vor einem Krankenhaus in der südlichen Provinz Zabul und einem US-Luftangriff im östlichen Nangarhar wurden am Donnerstag mindestens 60 Menschen getötet. Dutzende weitere wurden verletzt.
Lokalen Behördenvertretern zufolge detonierte am frühen Donnerstagmorgen (Ortszeit) in der Provinzhauptstadt Kalat ein mit Sprengstoff beladener Lastwagen in einer Straße zwischen dem staatlichen Krankenhaus und einem Gebäude des Geheimdienstes NDS. Dabei seien mindestens 20 Menschen getötet und mehr als 90 verletzt worden, sagten Provinzräte. 30 davon schwebten in Lebensgefahr. Die Taliban reklamierten den Angriff für sich. Ziel sei das Gebäude des Geheimdienstes gewesen.
Auch Kinder unter Opfern
Unter den Opfern seien aber viele Zivilisten, darunter auch Kinder, gewesen, die im Krankenhaus zur Behandlung waren, hieß es weiter. Das Krankenhaus sei schwer beschädigt worden, die Versorgung von Patienten habe eingestellt werden müssen.
Experten hatten nach dem Abbruch der Gespräche zwischen den USA und den Taliban über Wege zu Frieden in Afghanistan vor einer Zunahme der Gewalt im Land gewarnt.
In sozialen Medien geteilte Bilder von dem Anschlag in Kalat zeigten massive Schutthaufen, mehrere völlig zerstörte Rettungswägen sowie Schäden im Inneren des Krankenhauses. Sie zeigten auch ein Baby, das von einem Polizisten gehalten wurde. Es sei nach dem Anschlag gefunden worden, aber niemand wisse, wo die Mutter des Kindes sei, schrieb ein lokaler Journalist.
Lokale Medien berichteten, die meisten Verletzten würden in privaten Krankenhäuser behandelt, einige hätten aber auch ins benachbarte Kandahar gebracht werden müssen. Kandahar-Stadt ist mehr als eineinhalb Autostunden entfernt. Das Verteidigungsministerium teilte in einer Erklärung mit, man werde Rache an den Taliban nehmen.
Erst am Mittwoch waren bei einem Selbstmordattentat und bewaffneten Angriff auf eine Regierungsbehörde in der östlichen Stadt Jalalabad nach Angaben des Provinzgouverneurs mindestens sieben Menschen getötet worden. Am Dienstag kamen bei zwei Selbstmordattentaten der Taliban in der Provinzhauptstadt Tscharikar und in der Hauptstadt Kabul mindestens 48 Menschen ums Leben gekommen.
Tote Zivilisten bei US-Luftschlag gegen IS-Terroristen
Bei einem US-Luftschlag in der östlichen Provinz Nanagarhar sind in der Nacht auf Donnerstag mindestens 40 Zivilisten getötet worden. 40 weitere Menschen seien verletzt worden, sagten drei Regierungsvertreter. Der Angriff der afghanischen Sicherheitskräfte mit Unterstützung der USA in der Nacht zuvor hätte ein Versteck der Islamisten-Miliz IS zum Ziel gehabt. Stattdessen seien aber Bauern in der Nähe eines Feldes getroffen worden.
Das Verteidigungsministerium in Kabul bestätigte den Angriff, äußerte sich aber nicht zur Zahl der Todesopfer. Einem Sprecher des Provinzgouverneurs zufolge kamen bei dem Angriff mindestens neun Menschen ums Leben.
Ein Sprecher der US-Streitkräfte in Afghanistan sagte, US-Kräfte hätten einen "Präzisionsschlag" in Nangarhar gegen IS-Terroristen ausgeführt. Man sei sich der Vorwürfe des Todes von Nichtkombattanten bewusst und arbeite mit lokalen Beamten zusammen, um die Fakten zu ermitteln. So wolle man sicherstellen, dass dies keine List sei, um die Aufmerksamkeit von jenen Zivilisten abzulenken, die im Krankenhaus in Zabul von den Taliban ermordet worden seien.
Die Provinzrätin Fauzia Kakar sagte, viele der Opfer seien aber Zivilisten, darunter Kinder, die im Krankenhaus zur Behandlung waren. Dem Provinzrat Atta Jan Hakbajan zufolge wurde das Krankenhaus schwer beschädigt, am Gebäude des Geheimdienstes sei nur eine Wand eingestürzt. Hakbajan sprach sogar von mindestens 20 Toten, darunter zwei Polizisten, die das Krankenhaus bewachten.
In sozialen Medien geteilte Bilder von dem Anschlag in Qalat zeigten massive Schäden an der Straße sowie im Inneren des Krankenhauses. Lokale Medien berichteten, die meisten Verletzten würden in privaten Krankenhäuser behandelt, einige hätten aber auch ins benachbarte Kandahar gebracht werden müssen. Kandahar-Stadt ist mehr als eineinhalb Autostunden entfernt.
Nachdem Friedensgespräche zwischen den Taliban und den USA Anfang des Monats scheiterten, gibt es vermehrt Anschläge der Extremisten. Erst am Mittwoch waren bei einem Selbstmordattentat und bewaffneten Angriff auf eine Regierungsbehörde in der östlichen Stadt Jalalabad nach Angaben des Provinzgouverneurs mindestens sieben Menschen getötet worden - zwei Zivilisten, zwei Polizisten sowie drei Angreifer. Der Angriff, zu dem sich bisher niemand bekannte, konnte erst nach fünf Stunden von der Polizei beendet werden.
Am Dienstag waren bei zwei Selbstmordattentaten der Taliban in der Provinzhauptstadt Charikar und in der Hauptstadt Kabul mindestens 48 Menschen ums Leben gekommen. Gleichzeitig berichteten Militärs von einer Zunahme an Offensivoperationen gegen Taliban-Kämpfer in mehreren Provinzen des Landes in den vergangenen Tagen.
US-Präsident Donald Trump sagte vor kurzem ein geplantes Geheimtreffen mit den Taliban ab, nachdem Anfang September bei einem Anschlag in Kabul zwölf Menschen getötet worden waren, unter ihnen auch ein US-Soldat. Die Gespräche mit den Taliban, die den Weg für einen US-Truppenabzug und für Frieden in Afghanistan bereiten sollten, erklärte Trump für "tot".
Experten hatten nach dem Abbruch der Gespräche zwischen den USA und den Taliban über Wege zu Frieden in Afghanistan vor einer Zunahme der Gewalt im Land gewarnt.