Chronik/Welt

Abgeschleppter Eisberg soll Kapstadt mit Wasser versorgen

„In 20 oder 30 Jahren wird so etwas ganz normal sein“, ist Nicholas Sloane überzeugt. Derzeit klingt der Plan des 56-jährigen Südafrikaners allerdings utopisch: Mit einem Team aus Gletscherforschern, Ozeanografen und Ingenieuren will er Eisberge aus der Antarktis nach Südafrika schleppen, um die Wasserversorgung Kapstadts sicherzustellen.

Die Millionenmetropole geriet Ende 2017 in die Schlagzeilen, als ihr nach ausbleibenden Regenfällen als erster Großstadt weltweit das Trinkwasser auszugehen drohte.

Ein Eisberg, der 40 Kilometer vor der Küste inmitten einer kalten Strömung festgemacht und abgeschmolzen wird, könnte solche Krisen verhindern, sagte Sloane der Nachrichtenagentur Bloomberg.

Zwar investiert Südafrika mittlerweile vermehrt in Aufbereitung, Grundwasserentnahme und Entsalzung, doch letztere zwei Methoden schaden der Umwelt massiv. Eisberge, so die Überlegung, die seit dem 19. Jahrhundert viele Wissenschaftler anstellten, brechen jährlich zu Zehntausenden ab und treiben Richtung Norden. Zu 99 Prozent bestehen sie aus Niederschlägen.

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Einen geeigneten Berg per Satellit zu lokalisieren, in rauer See zu vertauen und – damit er nicht bricht – langsam mit Schiffen nach Südafrika zu ziehen, wäre aufwendig.

Doch mit aufwendigen Operationen hat Sloane Erfahrung. Er ist Experte für die Bergung von Schiffen und verantwortete die Aufrichtung des 2012 vor Italien auf Grund gelaufenen Kreuzfahrtschiffes Costa Concordia.

Teuer und riskant

Das Abschleppen eines Eisberges würde laut Sloane, der drei Großinvestoren hinter sich hat, rund 200 Millionen Dollar kosten. Um effizient zu wirtschaften, müsste der Berg so groß wie möglich sein: einen Kilometer lang, einen halben Kilometer breit, 250 Meter tief und 125 Millionen Tonnen schwer.

Bei einer solchen Größe dürfte der Eisberg Berechnungen zufolge nur 8 Prozent schrumpfen, bis er vor Kapstadt ankommt, wo er 20 Prozent des jährlichen Wasserbedarfs liefern könnte.

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Unklar sind die Umwelt-Auswirkungen eines Eisbergs vor Südafrika. Mit Computermodellen will Sloane mögliche Gefahren berechnen. „Manchmal muss man etwas aber einfach ausprobieren“, sagt er abenteuerlustig.

Sein Team könnte binnen sechs Monaten starten, wenn es das Okay aus Kapstadt gebe. Dort reagierte man bisher ablehnend, wäre Eisberg-Wasser doch dreimal so teuer wie normales Wasser und mit Risiken behaftet. „Wir können uns den Luxus nicht leisten, Optionen auszuschließen“, heißt es dagegen in einer Wasser-NGO.