Chronik/Welt

39 Leichen in Lkw waren chinesische Staatsbürger

Bei den 39 am Mittwoch in einem Lastwagenanhänger bei London entdeckten Leichen handelt es sich um acht Frauen und 31 Männer, alle chinesische Staatsbürger. Das gab die Polizei am Donnerstag bekannt. Offiziell bestätigt wurde von den britischen Behörden und dem chinesischen Außenministerium die Nationalität.

Unterdessen haben auch die belgischen Behörden Ermittlungen aufgenommen. Diese "werden sich auf die Organisatoren und alle anderen Beteiligten des Transports fokussieren", teilte die belgische Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit. Man werde eng mit den britischen Behörden zusammenarbeiten.

Vorläufige Ergebnisse zeigten, dass der fragliche Anhänger am Dienstag um 14.49 in Zeebrugge an der belgischen Küste angekommen sei und den Hafen noch am gleichen Nachmittag verlassen habe. Am Mittwoch um 1.00 Uhr habe der Lkw-Sattelauflieger dann das englische Purfleet erreicht. Purfleet ist nicht weit entfernt von jenem Ort im Industriegebiet der Stadt Grays, an dem der Anhänger schließlich entdeckt wurde.

Der Container wurde nach der Verfrachtung an Land an die offenbar aus Nordirland gekommene Sattelzugmaschine gekoppelt. Das Gespann hat den bisherigen Ermittlungen zufolge den Hafen kurz nach 1.00 Uhr verlassen. Sanitäter informierten die Polizei gegen 1.40 Uhr über den Leichenfund im Lastwagen.

Gemeldet war der Lkw seit 2007 in der bulgarischen Hafenstadt Warna am Schwarzen Meer, wie Bulgariens Ministerpräsident Bojko Borissow berichtete. Seitdem sei das Fahrzeug nicht mehr im Land gewesen. Näheres über die letzte Route des Lkw war noch nicht bekannt. "Nach derzeitigem Stand gehen wir davon aus, dass er zuletzt nicht durch Österreich gefahren ist", sagte Gerald Tatzgern, Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität und des Menschenhandels im Bundeskriminalamt (BK).

Laut Presseaussendung der Polizei war noch unklar, zu welchem Zeitpunkt die Menschen in den Anhänger gekommen sind und ob dies in Belgien geschehen ist. Weitere Informationen sollten im Sinne der Ermittlungen nicht veröffentlicht werden, hieß es in der Mitteilung.

Todesursache nicht bestätigt

Die Umstände deuteten auch am Donnerstag stark darauf hin, dass es sich bei den noch nicht identifizierten Toten um ins Land geschleppte Migranten handelt. Offiziell bestätigt ist das bisher aber ebenso wenig wie die Todesursache. Ein Lastwagen-Fahrer, ein 25-jähriger Nordire, wurde wegen Mordverdachts festgenommen und bleibt vorerst in U-Haft. Laut britischen Medien stammt er aus der nordirischen Stadt Portadown in der Grafschaft Armagh.

Die britische Polizei hat mittlerweile Räumlichkeiten in Nordirland durchsucht. Britischen Medienberichten zufolge fahndeten die Beamten in der Nacht auf Donnerstag in drei Wohnungen in der Grafschaft Armagh nach Beweisen. Die Wohnungen sollen im Zusammenhang mit dem 25-jährigen Fahrer stehen.

Die Eltern des Fahrers seien Medienberichten zufolge nach England geflogen, um ihren Sohn zu unterstützen. Nachbarn der Eltern zeigten sich überrascht von der Festnahme, wie der Belfast Telegraph am Donnerstag berichtete. Die Familie sei angesehen im Dorf und der 25-Jährige habe alle paar Wochen seine Eltern besucht.

Die stellvertretende Polizeichefin von Essex, Pippa Mills, sagte, die Identifizierung der Opfer habe oberste Priorität. Es sei "absolut unerlässlich, dass die Ermittlungen mit dem größten Respekt für die 39 Menschen geführt werden, die ihr Leben verloren haben". Mills kündigte an, dass es sich um eine "längere Untersuchung" handeln werde.

Düstere Erinnerungen

Nach britischen Behördenangaben ist die Zahl der Migranten, die illegal in Fracht-Containern und Lkw nach Großbritannien geschmuggelt werden, im vergangenen Jahr gestiegen. Die Tragödie weckte auch Erinnerungen an ähnliche Fälle in Großbritannien. Im Jahr 2000 waren im südenglischen Hafen von Dover in einem Lastwagen die Leichen von 58 chinesischen Migranten gefunden worden.

2014 entdeckten Ermittler 34 afghanische Migranten im nahe Grays gelegenen Hafen von Tilbury in einem Seefracht-Container. Die Menschen litten unter schwerer Dehydrierung, Unterkühlung und Sauerstoffmangel.