Windpark am Patscherkofel für grünen Stadtchef "Jahrhundertprojekt"
Von Christian Willim
44.000 Haushalte könnten mit Strom versorgt werden, wenn am Patscherkofel - dem Hausberg von Innsbruck - 9 Windräder errichtet werden. Diese Eckdaten einer von der Patscherkofelbahn, einem Unternehmen der Stadt, beauftragten Vorstudie waren bisher nur einem kleinen Kreis von Verantwortungsträgern bekannt. Einer davon ist, wie berichtet, der Bürgermeister der Standortgemeinde Patsch, Andreas Danler.
Ihn hat "das Konzept, das vorgestellt wurde, überzeugt". Kaum hatte der KURIER am Mittwoch die Eckdaten dieses als "Windpark Patscherkofel" betitelten Pilotprojekts veröffentlicht, meldete sich in Windeseile auch Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi (Grüne) zu Wort.
Er sprach von einem "Jahrhundertprojekt", mit dem man "die Hälfte der Innsbrucker Haushalte mit sauberem Strom versorgen" könnte. Und zwar ohne dass man einen Cent "an Despoten und Diktatoren wie Putin überweisen müsste", wie er betonte.
Wie Willi auf Anfrage bestätigt, war auch er Teil jener kleinen Runde, der im Jänner die Vorstudie präsentiert wurde. Auch der städtische Stromanbieter Innsbrucker Kommunalbetriebe (IKB) war vertreten. Warum der Bürgermeister, der gemeinhin dafür bekannt ist, mit Informationen nicht groß hinter dem Berg zu halten, diese Überlegungen nicht publik gemacht hat, erklärt er so:
Aus dem Wahlkampf halten
"Weil es einfach heikel ist." Es brauche eine politische Mehrheit und die Grundeigentümer. Außerdem soll die Bevölkerung eingebunden werden. „Ich finde, dass ist von der Dimension her so wichtig, dass ich das in aller Ruhe angehen will. Ich möchte den Prozess, wie wir zu einem Ergebnis kommen, so gut aufsetzen, dass das rund um einen Wahlkampf nicht der geeignete Rahmen ist.“
Den Prozess möchte der Grüne vielmehr nach den Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen, die am kommenden Sonntag über die Bühne gehen, "politisch breit akzeptiert" in die Wege leiten. „Wir sind tatsächlich ganz am Anfang. Wir haben durch diese Vorstudie nur erfahren: Das Potenzial ist hoch.“ Nun ginge es um eine vertiefende Prüfung, etwa zu möglichen Windradstandorten: "Und die sind nicht zwingend auf dem Gipfel."
Die Vorstudie: Die Patscherkofel Betriebs GmbH - ein Unternehmen der Stadt Innsbruck - hat ein Unternehmen damit beauftragt, das Potenzial für einen "Windpark Patscherkofel" auszuloten.
Das Ergebnis: Dabei hat sich herausgestellt, dass das Potenzial zur Erzeugung von Windkraft am Innsbrucker Hausberg gegeben und höher ist, als zunächst erwartet wurde. Demnach könnten 9 Windräder aufgestellt werden, die laut der Studie "etwa 1.000 bis 1.200 Gigawattstunden" Strom produzieren könnten.
Die Ergänzung: Angedacht ist auch die Errichtung eines Pump-Speicher-Kraftwerks zur Zwischenspeicherung des Stroms. Dazu soll der Speicherteich des Skigebiets mit einem noch zu errichtenden Becken weiter oben am Berg verbunden werden.
Wenn dann die Optionen feststünden, "sollen die Bürger die letzte Entscheidung über ein solches Jahrhundertprojekt haben", steht für Willi fest, der offenbar über den Wahltag hinaus plant. Ob er es am Sonntag überhaupt in die vermutlich notwendige Bürgermeister-Stichwahl am 28. April schafft und aus dieser im Fall als Sieger herausgeht, ist jedoch alles andere als fix.
Zurückhaltung
Willis aussichtsreichsten Herausforderer stehen dem "Windpark Patscherkofel" vorerst eher skeptisch gegenüber. FPÖ-Vize-Bürgermeister Markus Lassenberger will "nicht von Haus aus sagen, dass ich das nicht unterstütze“. Er müsse aber erst Details kennen, um sich eine Meinung bilden zu können. Auf jeden Fall „muss man sich aber anschauen, wie das ins Landschaftsbild passt und ob sich das rentiert.“
Auch Florian Tursky, Spitzenkandidat für das ÖVP-Bündnis "Das neue Innsbruck", betont: "Ich kenne das Projekt nicht." Aber er stehe ihm "eher kritisch gegenüber". Die Vorstellung, dass man "von der Stadt auf Windräder am Patscherkofel schaut, gefällt mir nicht." Sollte er Bürgermeister werden, wäre das Vorhaben aber in jedem Fall eines, "bei dem die Bürger entscheiden müssen".
Der von der ÖVP abgespaltene Ex-Vize-Bürgermeister Johannes Anzengruber (JA - Jetzt Innsbruck) betont: "Ich muss erst diese Studie sehen, davor kann ich gar nichts sagen."
Neos fühlen sich bestätigt
Die Neos zeigten sich hingegen erfreut, was nicht groß überrascht: „Wir Neos waren in Tirol die ersten, die 2022 bereits Windräder in Skigebieten, vor allem auch am Innsbrucker Hausberg, gefordert haben. Damals wurden wir für diese Idee noch belächelt", so Spitzenkandidatin Julia Seidl.
Für den amtierenden Bürgermeister Georg Willi ist jedenfalls klar, dass die Umsetzung des Projekts für die Patscherkofelbahn eine Nummer zu groß wäre. "Die sind einfach zu klein für so etwas.“ Auch um das etwaige Behördenverfahren zu stemmen. „Das könnte die IKB, weil es ja um Strom für Innsbruck geht.“
Der bei der IKB für den Bereich Stromerzeugung zuständige Herbert Schmid sieht das Vorhaben allerdings ebenfalls "eher ein bisschen skeptisch", wie er auf Anfrage meint. Er findet "Windkraft grundsätzlich zwar sehr sinnvoll." Etwa weil damit im Winter Energie erzeugt werden kann, was eine gute Ergänzung zur sommerlastigen Wasserkraft wäre. "Aber das ist nicht der attraktivste Standort", meint Schmid zum Patscherkofel.
Dort gäbe es etwa "schon sehr viel bestehende Infrastruktur, zu der man Abstand halten muss". Schmid nennt etwa die Seilbahn. Zudem werde der Patscherkofel intensiv touristisch genutzt. Und dann gäbe es noch die Frage der "Zuwegung" für den Transport der Windräder, "also wie bekomme ich die großen Teile auf den Berg?" In Summe also jede Menge Hürden.
Schmid kann aber auch die Rechnung der Vorstudie nicht ganz nachvollziehen. In der ist die Rede von einem Energiegewinnungspotenzial von "etwa 1.000 bis 1.200 Gigawattstunden", mit denen man eben 44.000 Haushalte versorgen könnte. "Ich komme maximal auf 33.000 Haushalte", so der IKB-Experte.