Fall Leon: Geschworene und Sachverständiger laut Richter nicht befangen
Von Christian Willim
Der zweite Tag im Prozess rund um den Fall Leon startete mit einem Paukenschlag. Mathias Kapferer, einer der beiden Verteidiger des wegen Mordes angeklagten Vaters, führte Zeugen ins Feld, die Bemerkenswertes beobachtet haben sollen: ein Gespräch von Gerichtsmediziner Walter Rabl nach dessen Aussage am Mittwoch mit Geschworenen.
Zwei Geschworene sollen dabei gesehen worden sein, wie sie bei einer Zigarette vor dem Gericht Kontakt mit dem bekannten Sachverständigen hatten. Der Bruder des Angeklagten sowie weitere Zeuginnen sagten dies aus. Rabl soll dabei zu den zwei Geschworenen gemeint haben: "Na, da habt's einen Fall ausgefasst".
Einer der betroffenen Geschworenen meinte allerdings, dass er den Gutachter nur auf einen "schiefen Gürtel" angesprochen habe.
Ablehnung der Geschworenen beantragt
Die Verteidigung beantragt nun eine Ablehnung der beiden Geschworenen wegen Befangenheit. Einem Antrag auf Befragung von Rabl sowie der Unterbrechung der Verhandlung bis dorthin, gab das Gericht statt. Um 11 Uhr wird der Gerichtsmediziner erwartet. Er hatte den Angeklagten mit seinen Aussagen am Mittwoch belastet. Er sprach von "Bagatellverletzungen" beim 39-Jährigen, mit denen eine längere Bewusstlosigkeit nicht erklärbar sei.
Die Verteidigung hat auch die Ablehnung des Gerichtsmediziners wegen Befangenheit beantragt.
"Ich bin sicher nicht voreingenommen"
Nach der Wiederaufnahme der Verhandlung um 11 Uhr räumte Rabl ein Gespräch mit zwei Geschworenen ein. Einer der beiden hätte ihn auf seinen verrutschen Gürtel angeredet. Auf Nachfrage des Richters, ob auch über den Inhalt des Verfahrens geredet wurde, versicherte der Sachverständige: "Sicher nicht." Er räumte ein, dass er eine Bemerkung über ein womöglich langes, schwieriges Verfahren fallen ließ. "Ich bin sicher nicht voreingenommen", so der Gutachter.
Keine Ausschließungen
Nach kurzer Beratung verkündet der Richter, dass die Anträge auf Ausschließung der Geschworenen und des Sachverständigen abgewiesen werden. Aus "einer kurzen Begegnung vor dem Gericht" und "einigen flapsigen Bemerkungen" könne keine Befangenheit abgeleitet werden.
Während beim ersten von insgesamt drei Prozesstagen neben dem Angeklagten die gerichtsmedizinischen und psychiatrischen Sachverständigen zu Wort gekommen waren, standen am Donnerstag eigentlich zahlreiche Zeugenbefragungen am Programm. Der tatverdächtige Vater - ein Deutscher, der in Tirol lebte - hatte sich am Mittwoch nicht schuldig bekannt. Bei der Verhandlung blieben sowohl Verteidigung als auch der Angeklagte selbst dabei, dass der 39-Jährige in jener Nacht auf einer Promenade neben der Ache Opfer eines Raubüberfalles und von einem Unbekannten mit einer Flasche ohnmächtig geschlagen worden sei. Der gesundheitlich beeinträchtigte Bub soll dann selbstständig aus dem Kinderwagen gestiegen, in die Ache gestürzt und ertrunken sein.