Graz wählte wieder anders: ÖVP in Landeshauptstadt "Nasenspitzerl“ vorne
Graz, schon wieder: Die Landeshauptstadt wählte gegen den Strom und brachte auf den ersten drei Plätzen drei annähernd gleich starke Fraktionen hervor – mit der ÖVP an der Spitze, die steiermarkweit auf den zweiten Platz abrutschte.
Das von ÖVP-Landesparteichef Christopher Drexler im Bundesland für seine Partei vergeblich erhoffte „Nasenspitzerl vorne“ fuhren die Schwarzen in der Landeshauptstadt tatsächlich ein. Allerdings so knapp, dass das für ein Drehen des Wahlergebnisses im Land nichts brachte, auch wenn die Landeshauptstadt bei Wahlen ins Gewicht fällt, rund 190.000 Wahlberechtigte leben hier.
Weit weg von Rekorden
In der von einer KPÖ-Bürgermeisterin mit einer grünen Stellvertreterin regierten Stadt gewann die ÖVP diese Landtagswahlen. Sie verwies laut vorläufigem Ergebnis mit 22,4 Prozent die FPÖ auf den zweiten Platz, die Blauen erreichten in Graz 21,4 Prozent, die SPÖ kam auf 20,7 Prozent. Die Grünen schnitten mit 14 Prozent besser ab als steiermarkweit, aber dennoch schlechter als bei den Gemeinderatswahlen 2021, von ihrem Rekordergebnis der Landtagswahlen 2019 mit 25 Prozent sind sie weit entfernt.
Graz ist seit Jahrzehnten der Horror aller Meinungsforscher, kaum eine Wählergruppe wechselt öfter die Gefolgschaft. Auch taktisches Wählen wird den Grazerinnen und Grazern nachgesagt, zuletzt erkennbar bei den Nationalratswahlen im September. Die Landeshauptstadt wurde Rot, während sich die restliche Steiermark tiefblau färbte: Die SPÖ setzte sich in Graz mit 21,7 Prozent hauchdünn vor die ÖVP auf den ersten Platz, die 21,3 Prozent erreichte. Für die FPÖ reichte es in Graz mit 19,9 Prozent nur für Platz 3. Auch bei EU-Wahlen im Juni war die SPÖ vorne (21 Prozent), allerdings gefolgt von den Grünen (19,5 Prozent) und der ÖVP (18,1 Prozent).
Ein Graz-spezifischer Faktor ist die KPÖ, die sowohl bei den EU- als auch den Nationalratswahlen zwischen sechs und sieben Prozent landete, aber mit 28,8 Prozent bei den Gemeinderatswahlen 2021 stimmenstärkste Fraktion wurde. Bei den Landtagswahlen konnte die in Graz so erfolgsverwöhnte KPÖ diesmal nicht reüssieren, im Gegenteil: Man musste sogar um das Grundmandat und damit den Wiedereinzug in den Landtag zittern. Knapp 12.000 Stimmen oder 10,2 Prozent reichten gerade einmal aus, die KPÖ kann somit ihre zwei Mandate und Klubstärke durch das Grazer Ergebnis halten. Die Neos schafften mit 9,9 Prozent ebenfalls ihr Grazer Grundmandat.
Debatte um Leitspital in Liezen
Bezirk Liezen: Seit 2016 zieht sich die Debatte um das Leitspital Liezen, da tauchte das Vorhaben der ÖVP-SPÖ-Landesregierung, ein neues Krankenhaus zu errichten und dafür drei bestehende zu schließen, im Regionalen Strukturplan Gesundheit auf. 2019 sorgte das „Leidspital“ sogar für Neuwahlen im November, eigentlich hätte die Steiermark routinemäßig erst im Mai 2020 gewählt.
Doch in diesen fünf Jahren hat sich an den Positionen der Landespolitik nichts geändert: ÖVP und SPÖ dafür, alle Oppositionsparteien dagegen. Eine Volksbefragung im Bezirk ging im 2019 deutlich gegen das Projekt aus, doch die Koalition hielt an dem Neubauprojekt fest, während speziell die FPÖ es als „Pleiten-, Pech- und Pannenprojekt“ titulierte.
Und sieht man sich das Wahlergebnis des Bezirks an, der flächenmäßig größer ist als Vorarlberg, zeigt sich: Die Blauen scheinen damit den Nerv getroffen zu haben. Laut vorläufigem Endergebnis erreichten die Blauen in Liezen 42,6 Prozent, gegenüber 2019 ein Plus von fast 24 Prozentpunkten. Damit lagen sie noch deutlicher vorne als steiermarkweit. Die beiden Parteien, die das mittlerweile Klinikum Stainach genannte Spital propagieren, landeten im Bezirk weit abgeschlagen hinter den Blauen: Die ÖVP kam nur noch auf 22,3 Prozent (minus 12,2 Prozentpunkte), die SPÖ auf rund 20 Prozent (minus 7,7 Prozentpunkte).
Projekt könnte Geschichte werden
Das Projekt könnte somit Geschichte werden: FPÖ-Chef Mario Kunasek gab es seinen potenziellen Wählerinnen und Wählern im Wahlprogramm sogar schriftlich, dass mit ihm als Landeshauptmann kein Leitspital in Stainach-Pürgg geben wird. 334 Millionen Euro soll es laut ÖVP-SPÖ-Landesregierung kosten, der Eröffnungstermin wurde aber längst von 2025 auf Mitte 2028 verschoben.
Das beste Ergebnis überhaupt erzielten die Blauen übrigens in der Stadt Rottenmann – 63 Prozent kreuzten hier blau an, ein Plus von rund 35 Prozentpunkten. In Rottenmann steht eines jener Krankenhäuser, die wegen des Neubaus in Stainach-Pürgg geschlossen werden sollen.