Wirbel um Gastro-Öffnung: Wirte müssen ihre Gäste kontrollieren
Der Gast geht ins Lokal – und bereits an der Tür wird er vom Wirten oder einem der Mitarbeiter in Empfang genommen. Denn betreten darf er dieses nur, wenn er Mund-Nasen-Schutz trägt, Abstand hält und auch sonst alle Regeln befolgt.
Tut der Gast das nicht, hat vor allem einer ein Problem: der Wirt. Die Gastronomen werden mit der Novelle der sogenannten Lockerungsverordnung, die dem KURIER vorliegt, stark in die Pflicht genommen.
Und das beginnt schon beim Einlass. Der Lokalbetreiber hat Besuchergruppen nur einzulassen, wenn diese aus maximal vier Erwachsenen zuzüglich ihrer minderjährigen Kinder bestehen. Allerdings – und das ist neu: Diese Regel gilt nicht für Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben.
Plan wurde verworfen
Soll heißen: Wenn ein Elternpaar etwa mit seinen beiden erwachsenen Kindern und deren Großeltern in einem Haushalt lebt, dann dürfen sie auch gemeinsam zum Wirten gehen. Wie der Wirt das überprüfen soll? Fraglich. Den Ausweis oder Meldezettel darf er nicht verlangen.
Am Donnerstag haben die Details der Novelle, die den Gastro-Betrieb ab 15. Mai regelt (Details siehe unten) noch für Chaos und heftige Debatten gesorgt. Denn noch am Nachmittag hieß es: Die Wirte werden ihre Gäste registrieren müssen. Das würden sich Teile der Regierung wünschen.
Der Plan: Gäste sollten ein Datenblatt ausfüllen, das mit der Speisekarte mitserviert wird. „Es wird eine Form der Dokumentation geben“, sagte der oberste Vertreter der Wirte in der Wirtschaftskammer, Mario Pulker, noch am Nachmittag wörtlich zum KURIER. Er ist einer der Verhandler.
„Eine Art der Kontrolle“ müsse es geben, meinte er. Denn: Sollte sich ein Gast als Corona-infiziert herausstellen, sei es im Sinne aller herauszufinden, wann sich diese Person wo aufgehalten hat – und mit wem.
Daten 14 Tage gespeichert
Vorbild für diese Art der Datenpreisgabe dürfte die Schweiz gewesen sein. Dort öffnen die Lokale am 11. Mai. Und die Wirte sind verpflichtet, von jedem der Gäste Name, Telefonnummer, Datum und Uhrzeit des Besuchs aufzunehmen.
14 Tage lang müssen sie die Daten aufbewahren und allenfalls dem Kantonsarzt (entspricht dem österreichischen Amtsarzt, Anm.) zur Verfügung stellen. Wenn der Gast an Covid-19 erkrankt, könnte so nachvollzogen werden, wen er eventuell bei einem gemeinsamen Essen angesteckt hat.
Auf Nachfrage im österreichischen Gesundheitsministerium hieß es am Donnerstagnachmittag: „Wir prüfen Möglichkeiten in diese Richtung.“ Wenige Stunden später war plötzlich alles anders: Das Gesundheitsministerium hat die Dokumentationspflicht für die Wirte gekippt. Wie es dazu kam, ist unklar. Möglich ist, dass die Regierung doch Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes bekam.
Rechtlich wäre Schweizer Modell erlaubt
Denn beim Stichwort „Contact Tracing“ ist man in Österreich mittlerweile sensibel. So gab es zuletzt reichlich Wirbel rund um die Rotkreuz-App, mit der Nutzer ihre Kontakte vermerken.
Rechtlich sei das Schweizer Modell dennoch in Österreich möglich, sagt der Datenschutz-Experte Max Schrems vom europäischen Zentrum für digitale Rechte NOYB. „Die Datenschutzgrundverordnung erlaubt Datenverarbeitung im Kampf gegen Epidemien.“
Voraussetzung dafür ist, dass die Daten nur für einen bestimmten Zweck verwendet und nach beschränkter Zeit gelöscht werden. 14 Tage würden die Inkubationszeit des Coronavirus abdecken. „Ob das ein Gast faktisch akzeptiert, ist eine andere Frage“, sagt Schrems.
Fraglich sei auch, ob die Gastronomen dazu verpflichtet werden könnten – schließlich sei das Aufnehmen und Speichern der Daten ein Aufwand.
Und kein geringer noch dazu. Wolfgang Binder, Kaffeehaus-Obmann in der Wiener Wirtschaftskammer und Betreiber des Traditionscafé Frauenhuber in der Himmelpfortgasse, hält das Schweizer Modell auf KURIER-Anfrage für „administrativ undurchführbar“.
Binder: „Wie soll das in der Praxis funktionieren? Der Gast bestellt eine Melange und der Kellner sagt dann: ,Gerne! Und jetzt Ihre Daten, bitte!’ Oder wie?“
Am Freitag, den 15. Mai, dürfen die Gastronomiebetriebe in Österreich wieder öffnen. Dann ist das Betretungsverbot, das die Regierung wegen der Corona-Pandemie verhängt hat, wieder aufgehoben.
Die Verordnung darüber, unter welchen Regeln Wirtshäuser, Restaurants und Lokale wieder öffnen dürfen, befindet sich im Feinschliff und liegt dem KURIER vor. Hier die wichtigsten Punkte:
Beschränke Öffnungszeiten
Lokale dürfen nur zwischen 6 und 23 Uhr geöffnet haben.
Maximal vier Erwachsene, aber größere Familien
Eingelassen werden nur Gruppen, die aus maximal vier Erwachsenen zuzüglich minderjähriger Kinder bestehen. Die Begrenzung gilt aber nicht für Personen, die in einem gemeinsamen Haushalt leben.
Mindestabstand
Zwischen den Gruppen muss mindestens ein Meter Abstand sein – sprich: die Tische werden auseinandergeschoben. Näher dürfen sie nur stehen, wenn es Schutzmaßnahmen wie Plexiglaswände gibt.
Maskenpflicht
Die Gastro-Mitarbeiter müssen bei Kundenkontakt einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Ebenso die Gäste – außer bei Tisch, Dorthin werden sie vom Kellner begleitet.
Kein Essen am Würstelstand
Wer Würstel oder Kebab essen will, muss sich etwas vom Stand entfernen.
Kein Salz und Pfeffer
Am Tisch dürfen keine Gegenstände stehen, die zum gemeinsamen Gebrauch bestimmt sind.