Nach Rekordwärme im Winter: Was der Frühstart in den Frühling bedeutet
Der erste Storch – gelandet. Die ersten Marillenblüten – ausgetrieben. Die ersten Zecken und aus dem Winterschlaf erwachten Igel – gesichtet. Kurzum: Der Frühling hat heuer bereits mitten im Winter begonnen.
Die Vegetation ist in diesem Jahr um rund zwei bis drei Wochen zu früh dran, ebenso wie Zugvögel. Bereits am 22. Februar bezog ein Storch in Deutschkreutz im Burgenland sein Nest. Und jener Weißstorch, der am 29. Februar im Auenreservat des WWF in Marchegg (Niederösterreich) angekommen ist, war auch im Vorjahr der erste, der in Marchegg landete; er ist beringt und dadurch erkennbar. Heuer überflügelte sich dieser Storch aber selbst und kam gleich noch eine Woche früher als 2023.
Üblich wäre eine Storchenankunft sowieso erst in der zweiten Märzhälfte: Dass Tiere bereits jetzt eintreffen, dürfte "am deutlich zu warmen Winter liegen", heißt es beim WWF.
Der Winter 2023/’23 war tatsächlich außergewöhnlich: Seit 257 Jahren werden in Österreich Wettermessungen vorgenommen – noch nie war es derart warm wie im vergangenen Winter. Über das gesamte Bundesgebiet berechnet sowie sämtliche Höhen- und Tiefenlagen einbezogen hatte es in den drei (meteorologischen) Wintermonaten Dezember, Jänner und Februar eine Durchschnittstemperatur von 1,5 Grad. Üblich wären laut Wetterdienst Ubimet aber minus 1,6 Grad, wenn man den Mittelwert der vergangenen 30 Jahre als Basis nimmt.
Warum es zu warm war
Dieser Winter war demnach um 3,1 Grad zu warm, was laut Nikolas Zimmermann von der Ubimet auf zwei Faktoren zurückzuführen ist: Die Großwetterlage durch die Rekordwärme des Nordatlantiks, die viel zu milde Luftmassen brachte – und auch die Erderwärmung hatte ihre Rolle. Regionsweise trieb der Februar die Thermometer höher als bisherige Spitzenwerte im März, etwa im Wiener Becken. Apropos März: Der erste echte Frühlingsmonat stellte sich in den ersten Tagen auch gleich einmal mit Werten ein, die um beinahe fünf Grad höher als üblich waren.
Allerdings sollten die Temperaturen laut Prognose in nächster Zeit auf das übliche Maß fallen, also auf Tageshöchstwerte je nach Region zwischen drei und elf Grad. Selbst Frost ist nun möglich, am Freitag könnte es so weit sein. „Das ist normal“, betont Zimmermann. „Aber dass sich die Pflanzen so früh entwickeln, nicht.“
Die Folgen der Winterwärme sind nämlich längst deutlich zu sehen: Die Haselnusssträucher blühten bereits Ende Jänner und damit um rund zehn Tage früher als gewohnt, ebenso trieben bereits Schneeglöckchen aus. Marillenbäume zeigten schon im Februar erste zarte Knospen. Doch welche Folgen hat der Frühstart, beispielsweise für die Landwirtschaft?
"Grundsätzlich hat es keine nachteiligen Auswirkungen“, antwortet Herbert Muster, Leiter des Obstbaureferates in der steirischen Landwirtschaftskammer. "Außer, dass wir länger zittern müssen, ob es wieder richtig kalt wird.“ Die Wartezeit ist für Landwirte erst Mitte Mai beendet, dann sind die berüchtigten "Eisheiligen“ vorbei.
Wo das Wetter derzeit keinen Einfluss hat
An der althergebrachten Bauernregel und dem bekannten Frostrisiko habe sich "nichts geändert, auch wenn alles heuer sehr, sehr früh beginnt“, überlegt Muster. "Im Obstbau genügt ja dann eine Frostnacht und der Schaden ist riesig.“ Auf Ackerkulturen hat der warme Winter indes keinen Einfluss, Gemüsebauern erfreuten sich zudem an der Wintersonne, schildert Muster: "Die Entwicklung bei Gemüse ist top.“