Chronik/Österreich

Willi will am Sonnendeck „ohne Geländer auskommen“

Am Dienstag nahm Bürgermeister Georg Willi (Grüne) an der Innpromenade hinter der Universität Aufstellung vor „einer der berühmtesten Mauern unseres Landes“, wie er meinte. Besagte Mauer ist zentraler Bestandteil des als „Sonnendeck“ bekannten Studententreffpunkts.

Wie berichtet, sollte auf dem Hochwasserschutzbau, der Massen junger Menschen als Sitzgelegenheit in der Sonne dient, ein Zaun als Absturzsicherung installiert werden. Nur wenige Stunden vor einer Protestveranstaltung erklärte Willi: „Ich hätte gerne, dass wir ohne Geländer auskommen.“

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In einem Teilbereich neben einer Rampe zum Inn hinunter, in dem das Land aufgrund alter Verträge die Verantwortung trägt, wurde bereits ein Metallgitter auf der Mauer errichtet – eine in Summe fast zwei Meter hohe Absperrung ist das Resultat.

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„Das war die Entscheidung des Landes“, sagt der Bürgermeister. Vorgeschrieben sei grundsätzlich eine ein Meter hohe Absturzsicherung. Die bestehende, in den 1970er-Jahren erbaute Mauer, kommt uferseitig nur auf etwa 80 Zentimeter Höhe.

Niveau absenken

Die Differenz könnte laut einer vom Gartenbauamt erdachten Variante dadurch gewonnen werden, den Weg auf der Promenade – hier ist die Stadt für die Absicherung des Ufers zuständig – entsprechend abzusenken. Geht es nach dem Bürgermeister, wird im Zuge dieser Maßnahme auch gleich das ganze Areal umgestaltet.

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Laut einer Grobschätzung wäre das mit Kosten von 600.000 bis 800.000 Euro verbunden. „Die reine Absenkung des Niveaus würde etwa ein Drittel oder Viertel davon kosten“, sagt Willi. Es bräuchte jedenfalls einen Beschluss des Gemeinderats.

In dem gab es in der jüngeren Vergangenheit bei Gestaltungsprojekten im öffentlichen Raum freilich selten Einigkeit. Gibt es Zustimmung zu dem Vorhaben, geht der Bürgermeister jedenfalls davon aus, dass trotz der Notwendigkeit von Ausschreibungen im kommenden Frühjahr mit den Arbeiten begonnen werden könnte und diese innerhalb von zwei Monaten zu bewerkstelligen wären.

Wenig Begeisterung

Die politischen Gegner des Bürgermeisters sind am Dienstag nicht in Jubelstürme ausgebrochen. JVP-Obfrau Sophia Kircher fragt sich, "warum sich Bürgermeister Willi nicht von Anfang an intensiv mit den rechtlichen Rahmenbedingungen auseinandergesetzt hat und erst jetzt erkennt, dass Alternativlösungen zum Geländer grundsätzlich machbar sind."

Kircher ortet beim Stadtchef "mangelnde Sachkenntnis und Vorbereitung", durch die "leider wieder viel Zeit verloren" gegangen sei. "Jetzt muss wieder von vorne begonnen und alles neu geplant werden."

Für die bei den Gemeinderatswahlen im Frühjahr auf einer Liste mit der ÖVP vereint antretende Fraktion Für Innsbruck (FI) offenbart sich "das komplette Versagen des Bürgermeisters bei der Gestaltung des sogenannten Sonnendecks".

Breite Kritik

Willi habe erst mit dem Aufflammen der öffentlichen Diskussion die Segel anders gesetzt "und kommt mit neuen Vorschlägen um die Ecke. Nette Ideen deren Planungen wohl erst nach den Wahlen vorliegen werden und zumindest ein bisschen über den grünen Bauchfleck erster Klasse hinwegtäuschen sollen", sagt FI-Klubobmann Lucas Krackl.

"Vonseiten des Bürgermeisters hätte es viel früher ein aktives Kümmern gebraucht, wie er es eigentlich schon im Frühjahr zugesagt hatte und auch von den Grünen selbst per Gemeinderatsantrag beauftragt wurde“, erklärte SPÖ-Stadträtin Elisabeth Mayr.

„So ein Versäumnis, kombiniert mit einer so desaströsen und widersprüchlichen Kommunikation, darf einem Stadtoberhaupt nicht passieren.“

 

 

Vandalenakt

Ausgelöst hat den ganzen Schlamassel ein Vandalenakt im März. Da haben Unbekannte eine Abdeckplatte von der Innmauer gekippt. Im Zuge der Sanierung kamen die aktuellen Normen für eine Absturzsicherung zu tragen, die sich seit dem Bau der Mauer verschärft haben.

Das Sitzen auf dieser war immer schon verboten, wäre gemäß den nunmehr vorgelegten Plänen aber wieder möglich. „Die, die sich dann draufsetzen, tun das auf eigene Gefahr“, so Willi.

Kompetenzen-Wirrwarr

Am Inn spiegelt sich am konkreten Beispiel einmal mehr wieder, wie verwickelt es im österreichischen Behördendschungel mitunter zugeht. Der Inn fällt grundsätzlich in Bundeskompetenz. Die Bundeswasserbauverwaltung ist für den Hochwasserschutz und damit auch für die Instandhaltung für die Innmauer am Sonnedeck zuständig.

Die Abteilung Wasserwirtschaft des Landes ist hier im Auftrag des Bundes tätig. Darum war sie für die Sanierung des Bauwerks und eigentlich auch für die Absturzsicherung verantwortlich. Aber ein alter Vertrag aus den 1970er-Jahren regelt, dass die Stadt für einen Großteil des Abschnitts an dieser Uferpromenade für deren Instandhaltung zuständig ist.

Hier sieht der Bürgermeister den Ansatzpunkt, um schlicht das Niveau des Weges neben der Mauer abzusenken.