Chronik/Österreich

Wien und Salzburg: Immer mehr Flüchtlinge kommen mit dem Zug an

Die Zahl der Menschen, die seit dem russischen Einmarsch aus der Ukraine geflohen sind, hat 2,5 Millionen überschritten. Das ging am Freitag aus den täglich aktualisierten Daten des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR hervor. Die meisten davon sind derzeit in Polen auf (1,5 Millionen), gefolgt von Ungarn (225.000) und der Slowakei (176.000). 282.000 Geflüchtete halten sich in weiteren europäischen Ländern auf.

Am Wiener Hauptbahnhof hat der Zustrom von Vertriebenen aus der Ukraine spürbar zugenommen: Derzeit halten sich laut den ÖBB untertags 200 bis 300 Geflohene gleichzeitig auf dem Areal auf, bei einer sehr hohen Fluktuation durch die vielen Ankünfte und Weiterreisen. Die Zahl der Betroffenen, die in Österreich mit dem Zug unterwegs ist, stieg von 3.000 am Montag auf 4.500 am Donnerstag. Österreich ist für die Vertriebenen aber weiterhin größtenteils ein Transitland.

Die ÖBB haben sich auf den Zuzug inzwischen gut eingestellt. Die Tageswartezone für die Vertriebenen wurde in einen ruhigeren Teil des Bahnhofes neben die Betreuungsstelle der Caritas verlegt. Da die nötige Bestuhlung dafür erst organisiert werden muss, wurden dafür kurzfristig die Stuhle der Besprechungszimmer der ÖBB-Zentrale verwendet. „Die Stimmung unter den Geflohenen ist sehr gefasst“, sagte Sprecherin Gabi Zornig.

80 Prozent reisen weiter

Da 80 Prozent der Vertriebenen weiterreisen, werden schon in den Zügen Infoblätter auf Ukrainisch und Englisch über das weitere Vorgehen verteilt. „Wir arbeiten daran, umfassende Informationen auch mehrsprachig über Websites, Apps und Screens wie etwa Ticketautomaten zu verbreiten“, sagte Zornig. Hier soll dann auch auf Unterkunftsmöglichkeiten hingewiesen werden.

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Für Vertriebene, die die Nacht am Bahnhof verbringen wollen, um etwa einen Anschlusszug in der Früh zu nehmen, ist die Notschlafstelle mit 50 Betten weiterhin ab 22.00 Uhr geöffnet. „Früher geht es leider aus Sicherheitsgründen nicht“, hieß es. 100 Personen verbrachten die Nacht auf Freitag zusätzlich auf dem Areal des Bahnhofes. Die ÖBB unterstrichen erneut, dass niemand zum Übernachten in den Wartehallen gezwungen ist und genügend Quartiere zur Verfügung stehen. Die Stadt Wien brachte am Abend etwa mit vier Bustouren 260 Vertriebene in Unterkünfte.

Helfer rund im die Uhr im Einsatz

Die Caritas ist mittlerweile rund um die Uhr am Hauptbahnhof. 55 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Helfer verteilen vor allem Lunchpakete, Hygieneprodukte, warme Getränke, aber auch FFP2-Masken. Der Großteil der Arbeit ist aber auch hier die Organisation der Weiterreise.

Es sind weiterhin vor allem Frauen mit ihren Kindern, die sich am Bahnhof aufhalten. Die meisten sind auch nur mit leichtem Gepäck unterwegs, da die Flucht sehr schnell gehen musste. Kinder konnten noch ein Lieblingsstofftier mitnehmen, einige Erwachsene haben ihre Haustiere in den Armen. „Wir mussten Hals über Kopf aus Kiew fliehen“, sagte eine Mutter am Freitag der APA. Wie bei den meisten Geflohenen musste der Vater der Kinder in der Ukraine bleiben, um gegen die russische Armee zu kämpfen.

Plakate am Bahnhof: „Wir lieben Euch“

Neben dem polnisch-ukrainischen Grenzgebiet kommen die meisten Vertriebenen aus Ungarn nach Österreich. Auch hier ist die Stimmung unter der Bevölkerung den Geflohenen gegenüber sehr wohlwollend, wie die österreichische Rot-Kreuz-Delegierte, Lidwina Dox, die von Budapest aus die Hilfe für Menschen auf der Flucht organisiert, der APA sagte. „In den Bahnhöfen sind Plakate angebracht, wo übersetzt 'Wir lieben Euch' steht“, beschrieb Dox. Auch bei den Grenzübergängen ist die Lage sehr geordnet. „Die Menschen müssen manchmal länger warten, aber es läuft alles sehr professionell ab.“

Salzburg: Info Point für Geflüchtete

In der Stadt Salzburg stehen ab heute, Freitag, zwei öffentliche Anlaufstellen für Ukraine-Flüchtlinge bereit. Beim Hauptbahnhof wurde ein Info-Point mit einem erweiterten Wartebereich eingerichtet. Ankommende werden, sofern sie nicht weiterreisen, zum Ankunftszentrum am Messezentrum weitergeleitet. Dort erfolgt die behördliche Registrierung und Vermittlung von Quartieren. Das Land geht vorerst von mindestens 5.000 Flüchtlingen aus, die in Salzburg untergebracht werden.

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Den „Ukraine Information Point“ in der Lastenstraße 1 beim Hauptbahnhof leitet die Caritas mit Unterstützung der ÖBB und des Landes Salzburg und dient als erste Anlaufstelle für Flüchtlinge. Sie werden in ukrainischer Sprache beraten, mit Wasser, Snacks und Hygieneprodukten versorgt und bekommen die Möglichkeit zu telefonieren. Wenn nötig, wird eine kurzfristige Unterbringung organisiert.

Im Ankunftszentrum in der Halle 4 am Messegelände werden Quartiere mit Hilfe der Caritas vermittelt und Corona-Tests durchgeführt. Dort gibt es auch eine Essensausgabe, Waschmöglichkeiten, medizinische Betreuung und einen Ruheraum.

Deutlicher Anstieg der Flüchtlingszahlen erwartet

Die geplante Gesamtzahl an Flüchtlingen, die in Salzburg untergebracht werden, kann sich laut dem Flüchtlingskoordinator des Landes, Andreas Eichhorn, noch ändern - je nachdem, wie viele Personen nach Österreich reisen und hier eine Unterkunft suchen. Derzeit rechnet man damit, dass 70 bis 75 Prozent der ankommenden Flüchtlinge durchreisen wollen. „In Wien kommen bereits mehrere tausend täglich an. Auch in Salzburg rechnen wir in den nächsten Tagen mit einem deutlichen Anstieg“, erklärte heute der Direktor der Caritas Salzburg, Johannes Dines.

Rund 150 Flüchtlinge aus der Ukraine sind laut dem Flüchtlingskoordinator bisher in privaten Quartieren in Salzburg untergebracht worden. Etwa 200 Personen haben sich bei der Caritas gemeldet und eine Unterkunft angeboten. 

750 Plätze werden geschaffen

„Bis jetzt sind 18 Ukrainer, die einen Asylantrag gestellt haben, in die Grundversorgung aufgenommen worden“, sagte Eichhorn. Der Rest warte auf die Verhängung des Schutzstatus. Das Land arbeite in Zusammenarbeit mit Hotels an der Schaffung von 750 Plätzen. Daneben würden einige Hotels kostenlos Unterkunftsmöglichkeiten anbieten - vor allem für Personen, die ein paar Tage bleiben und danach in Nachbarländer weiterreisen möchten.

Der Flüchtlingskoordinator sagte, er würde sich freuen, wenn es im Sinne der Integration noch mehr private Unterkünfte in Salzburg geben würde, die vor allem auch für Familien geeignet sind. Jeder, der eine Unterkunft kostenlos oder gegen Entgelt zur Verfügung stellen will, solle sich auf der Internetplattform www.salzburg.gv.at/ukrainehilfe melden. Auf der Homepage sind auch Informationen für Hilfesuchende, Spendenmöglichkeiten und ein Link zur Freiwilligenbörse zu finden. Dort ist angeführt, welche Hilfe für welche Anforderungen aktuell benötigt wird - zum Beispiel Deutschlernen oder Sortieren von Sachspenden.