Warum Waldbaden auch bei uns salonfähig wird
Von Matthias Nagl
„Mit Bäumen kann man wie mit Brüdern reden/und tauscht bei ihnen seine Seele um./Die Wälder schweigen. Doch sie sind nicht stumm./Und wer auch kommen mag, sie trösten jeden.“
Erich Kästner
Dass der Wald dem Menschen guttut, ist keine neue Erkenntnis, wie das Ende des Gedichts „Die Wälder schweigen“ von Erich Kästner zeigt. Die Erkenntnis wird aber wieder salonfähig. Das lässt sich daran erkennen, dass der Tourismustrend des Waldbadens aus Japan nun auch bei uns ankommt. Bekannte Destinationen bieten inzwischen eigene Angebote an.
Saalbach-Hinterglemm hat in dieser Woche einen Waldwellness-Weg eröffnet. Das mag beim Pinzgauer Ort, der sich sonst mit Aktivurlaub und Action-Events vermarktet, überraschen. Doch es ist kein Widerspruch, erklärt Heinz Fuchs, Obmann des Tourismusverbandes: „Es muss nicht immer der Superlativ sein. Damit schaffen wir einen bewussten Kontrapunkt und ein entschleunigtes Angebot für unsere Gäste und uns selber.“
Hängematten und Yoga-Kurse
Die Saalbacher Oase ist ein Rundweg in einem 200 Jahre alten Wald auf 1.600 bis 1.700 Metern Seehöhe. Im Schnelldurchgang ist man in 20 Minuten durch, das Areal ist aber auch für einen mehrstündigen Aufenthalt ausgelegt. Es gibt Liegen, Hängematten, eine Waldbibliothek und Yoga-Plattformen, auf denen zweimal wöchentlich Yoga-Kurse stattfinden.
Ein Waldaufenthalt wäre auch ohne all diese Annehmlichkeiten wohltuend. Offenbar ist es aber ein Phänomen unserer Zeit, dass etwas, das nicht ausgeschildert und beworben wird, nichts wert ist. „Wenn man keine Anlaufstelle hat, dann macht das keiner“, sagt Fuchs über spontane Waldaufenthalte ohne Wellnessweg. „Wir schaffen so eine Anlaufstelle.“
Überschaubare Kosten
Für den Tourismusverband passiert das mit überschaubaren Mitteln. „Das Budget liegt weit unter unseren sonstigen Projekten“, erklärt Martin Enn, Fuchs’ Stellvertreter und geistiger Vater des Angebots. Die Resonanz der ersten Besucher ist vielversprechend. „Ich bin überrascht, wie viele positive Rückmeldungen wir haben“, sagt Enn. Auch im Gasteiner Tal, wo es seit Beginn der Sommersaison ebenfalls ein Angebot zum Waldbaden gibt, ist die Resonanz positiv.
„Unsere geführten Wanderungen sind immer ausgebucht. Auch sonst bekommen wir gute Rückmeldungen. Es ist etwas anderes, als sich die Gäste vorstellen, aber sie mögen es“, erklärt Gerald Wenger, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Bad Hofgastein. Auch die Salzburger Land Tourismusgesellschaft hat die heurige Sommersaison dem Thema Wald gewidmet, ohne jedoch das Waldbaden offensiv zu bewerben.
Inszenierung für Neuentdeckung
Im Gasteiner Tal spielt in den zwei Arealen zum Waldbaden das Wasser eine wichtige Nebenrolle. So kann man sich entlang des Wasserfall-Weges bei sanftem Rauschen vom Wasser besprühen lassen. Insgesamt gibt es entlang des Weges 14 Stationen, auf Schilder haben die Touristiker in Gastein bewusst verzichtet.
Das inszenierte Angebot soll eine Gelegenheit sein, den Wert des Waldes neu zu entdecken. „Ich glaube, dass das Bewusstsein dafür verloren gegangen ist. Wir Einheimische sind ein bisschen betriebsblind. Und wenn man aus der Stadt auf Urlaub kommt, hat der Wald einen ganz anderen Effekt, wenn man ihn bewusst wahrnimmt“, sagt Wenger.
Durch die Inszenierung des Waldbadens können die Einheimischen und Gäste ihr Bewusstsein wieder etwas schärfen.