Wahlkampftour statt Kopftuchstreit
Im entferntesten Sinn war es ein Kopftuchstreit, der am Donnerstag am Innsbrucker Landesgericht verhandelt wurde. Und auch wenn der Kläger Heinz-Christian Strache hieß, war der FPÖ-Chef nicht wirklich der Auslöser des Zivilprozesses. Den lieferte der Tiroler David Prieth mit einer Aktion, die österreichweit für Aufsehen sorgte.
Der 28-Jährige hatte sich die Internet-Domain www.hc-strache.at gesichert. Und später angekündigt, auf der Homepage Kopftücher zu verkaufen. Es war ein humoristischer Seitenhieb gegen den FPÖ-Chef und seine Politik. Der sah seinen Namen missbräuchlich verwendet und klagte. Das Verfahren endete gestern, Donnerstag, mit einem Vergleich. Prieth wird zumindest einen Teil der Verfahrenskosten tragen müssen. In welcher Höhe, steht noch nicht fest.
"Ich rechne mit 3000 bis 4000 Euro und das werde ich auch alleine stemmen können", sagte der Tiroler, der seine Aktion vor Gericht als Kunstprojekt bezeichnete. "Ich wollte aufzeigen, wie verhärtet die Fronten bei vielen Themen sind", meinte Prieth zum KURIER. Er habe damit einen positiven Beitrag zur "negativen Stimmung gegenüber Flüchtlingen" leisten wollen. Applaus gab es für Prieth nach Schluss der Verhandlung von zahlreichen Unterstützern, die als Zuhörer gekommen waren. Wer allerdings fehlte, war Kläger Heinz-Christian Strache. Der wärmte sich zur gleichen Zeit in der nahen Altstadt vor Journalisten für eine kurze, aber intensive Wahlkampftour durch Tirol auf, wo am Sonntag Gemeinderatswahlen stattfinden.
Flüchtlingskrise
Der FPÖ-Chef holte zunächst zum Rundumschlag aus, erklärte seine Sicht der Dinge von der Staatsverschuldung, über die Verbote in der Gastronomie bis hin zur Arbeitslosigkeit, um letztlich doch bei jenem Thema zu landen, das auch den laufenden Kommunalwahlkampf maßgeblich mitbestimmt: Die Flüchtlingskrise. "Das ist eine moderne Völkerwanderung", sagte Strache.
Experten gehen davon aus, dass die FPÖ aufgrund der Verunsicherung rund um die Migrationsbewegungen bei bei den Gemeinderatswahlen zulegen wird. "Unser Ziel ist es, das ÖVP-System in Tirol zu brechen", erklärte Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger neben Strache sitzend. Auf rund 100 Gemeinderäte wolle man sich verdoppeln. Wenn das gelinge, könne man sich auch bei den Landtagswahlen 2018 in Tirol mehr als verdoppeln, meinte Strache, der den Urnengang am Sonntag als "Trendbarometer" bezeichnete. Den Trend in Richtung FPÖ zu lenken, versuchte er wenig später auch in einem Wirtshaus am Ortsrand von Imst, einer von fünf Stationen innerhalb von 24 Stunden. Der große Gastraum ist brechend voll. Die Luft unter der schweren Holzdecke des Lokals ist heiß und stickig . Ein Kalauer gegen das Rauchverbot bringt Strache, den ersten Applaus.
Miese Stimmung
Wie bereits am Vormittag landet der FPÖ-Chef letztlich wieder bei den Flüchtlingen. Die Strache-Anhänger – vom Teenager bis zum Pensionisten – lauschen andächtig, während der Bundesparteichef mit Zahlen jongliert. "Das Land geht den Bach hinunter", drückt Strache auf die miese Stimmung.
Europa solle sich ein Beispiel an Australien nehmen. Das würde Flüchtlinge mit Schiffen retten. "Aber sie bringen die Leute nicht nach Australien, sondern dorthin, wo sie ausgelaufen sind." Gejohle und Applaus.
Der FPÖ-Chef gibt sich in Wortwahl und Lautstärke moderater als bei früheren Auftritten in Tirol. Ein Bekenntnis darf trotzdem nicht fehlen: "Ich will keine Islamisierung in Österreich und Europa." Für Gemeindepolitik bleibt da kein Platz, auch wenn am Sonntag Lokalpolitiker gewählt werden.