Viel Lob für Volksgruppen, aber zu wenig Unterstützung
Von Thomas Orovits
Das Lob auf die Vielfalt und das friedliche Miteinander der Volksgruppen fehlt nie. Das war im Juli 2000 so, als in Großwarasdorf (Veliki Boristof) von den Spitzen der Republik und des Landes die erste offizielle zweisprachige Ortstafel des Burgenlandes angebracht wurde (weitere 46 kroatischsprachige und vier ungarischsprachige Gemeinden folgten).
Und daran hat sich auch 2021 nichts geändert.
„Die sechs verfassungsmäßig anerkannten Volksgruppen sind ein wichtiger Teil unserer österreichischen Identität“, versicherte die in der türkis-grünen Bundesregierung zuständige Kanzleramtsministerin Susanne Raab (ÖVP) vor wenigen Tagen. Auf der letzten Seite des Rechenschaftsberichts der roten Landesregierung heißt es mit Blick auf die drei Volksgruppen im Land – Kroaten, Ungarn, Roma: Sie „spielen eine bedeutende Rolle für die Identität unseres Heimatlandes“.
Warum hat sich dann all die Jahre kaum etwas am prekären Zustand der Volksgruppen geändert? Exemplarisch die mit 30.000 bis 35.000 Personen größte Gruppe der Kroaten im Burgenland: Die Unesco zählt deren Sprache zu den gefährdeten in Europa.
Sprache, Kultur, Geld
Der 65-jährige Petar Tyran schreibt seit Jahrzehnten gegen das Verschwinden an. Seit 1984 ist der aus Neudorf (Novo Selo) stammende Slawist Chefredakteur, Seele und „Mädchen für alles“ der kroatischen Wochenzeitung Hrvatske Novine. Kroaten im Burgenland könnten ruhig selbstbewusster sein, denn „wir sind seit 450 Jahren da, länger als andere, und ein tragender Teil des Landes“.
„Die einzige Chance“, so Tyran, seien ein bis zwei Native Speaker zumindest in den gemischtsprachigen Schulklassen. Wenn man die im Burgenland nicht finde, müssten sie eben aus dem Ausland kommen. Das geschehe ja auch im Englisch- oder Französisch-Unterricht.
Zudem sollte die Verbindung zu Kroatien gestärkt werden, wohlgemerkt die kulturelle (Schüleraustausch, Theater- und Musikveranstaltungen), nicht die politische.
Weil Tyran aber nicht nur mit heißem Herz, sondern auch mit kühlem Kopf für seine Muttersprache einsteht, verhehlt er die Bedeutung der finanziellen Grundlage nicht. Wenn die Volksgruppen den Volksvertretern so wichtig seien, müssten sie ihnen auch etwas wert sein.
Das Burgenland stellt jährlich für Volksgruppen-Vereine 120.000 Euro und 100.000 Euro Kulturförderung bereit, dazu Mittel für zweisprachigen Unterricht. Aus Tyrans Sicht viel zu wenig. Im Bund wurde die Förderung für alle sechs Volksgruppen Österreichs auf acht Millionen Euro verdoppelt und ein Topf für Medienförderung dotiert. Von den 700.000 Euro soll die seit 1910 bestehende Hrvatske Novine 262.000 Euro erhalten, angesucht wurde um 350.000. Weil Tyran eine lebende Subvention von Bund und Land ist und damit bald Schluss sein soll, stellt sich die Frage, wie seine Nachfolge finanziert wird? Mit Politiker-Wortspenden nicht.