Verunglückter Pilot: "Ich kämpfe nun seit zehn Jahren"
Plötzlich kommt das Kleinflugzeug ins Trudeln und stürzt in einem spiralförmigen Sinkflug ab. Während deutsche Ermittler dies als Hinweis auf einen Triebwerksausfall sehen, stufen die zypriotischen Untersucher ein sehr ähnliches Manöver als Orientierungslosigkeit des Piloten ein.
Bei Untersuchungen von Flugzeugunfällen gibt es oft unterschiedliche Wahrnehmungen. Dass ein Diamond Aircraft Flieger im Oktober 2014 nahe Larnaca nur ein "kleineres Problem" an den Tower funkt und dann im Meer versinkt, kann besagte Orientierungslosigkeit des Piloten sein. Aber selbst die zypriotischen Untersucher wollen ein Triebwerksproblem nicht gänzlich ausschließen.
Der Thielert-Motor liege aber nun mal am Grund des Meeres, bergen wollte man ihn nicht. Damit bleiben Fragen offen.Nicht alle Abstürze von Diamond-Maschinen mit den damals eingesetzten Thielert-Triebwerken sind also restlos geklärt. Wie berichtet, dürften laut einem internen Bericht des österreichischen Verkehrsministeriums in den Modellen DA 40 und DA 42 Teile eingebaut worden sein, die "teilweise nicht den Anforderungen der Luftfahrt" entsprochen haben (der Hersteller bestreitet das entschieden, Anm.). Außerdem machte die Standfestigkeit der eingesetzten Motoren – aufgebesserte Mercedes-A-Klasse-Triebwerke – Probleme.
Auch andere Hersteller wie etwa der französische Hersteller Avions Pierre Robin setzten auf Thielert-Triebwerke – mit ähnlichen Problemen.Auch der deutsche Autor Wolf-Dieter Hohe sieht diese möglichen Fehler als Ursache dafür, dass "ich in diesem verdammten Stuhl sitze".
Außer Streit steht, dass Hohe am 18. Mai 2007 auf dem Weg vom deutschen Hof nach Korsika mit einer gecharterten DA 40 abgestürzt ist.
"Unerfahrenheit"
Der Anwalt des Wr. Neustädter Herstellers Diamond verweist auf die Untersuchung der deutschen Ermittler. Ein "sinnerfassendes Lesen dieses Berichts" würde klarstellen, dass der Pilot "Warnleuchten nicht beachtet hat" und "die Entscheidung zur Durchführung einer Sicherheitslandung zu spät getroffen wurde" (was wiederum Hohe bestreitet, Anm.). Der Diamond-Anwalt wirft Hohe schlicht "Unerfahrenheit mit dem Umgang eines Luftfahrzeuges" vor. Auch der Untersuchungsbericht und ein vom KURIER befragter Luftfahrtexperte sehen die falschen Einschätzungen Hohes zumindest als Mitursache.
Die Klage Hohes auf Schadenersatz in Höhe von mehr als 400.000 Euro wurde in erster Instanz abgewiesen. Der Autor will aber nicht aufgeben: "Ich kämpfe seit zehn Jahren wegen dieses Schrottflugzeuges." Er hat sich nun an eine namhafte Anwaltskanzlei mit dem Spezialgebiet Produkthaftung gewandt. "Für mich geht das alles sehr ins Geld, ich muss da auf jeden Euro schauen."
Seit mehr als 15 Monaten recherchieren der KURIER und der Neos-Abgeordnete Rainer Hable rund um die Bundesanstalt für Verkehr (BAV). Die Folge waren Suspendierungen, Ermittlungen durch mehrere Staatsanwaltschaften, ein Dutzend parlamentarische Anfragen und eine Prüfung durch den Rechnungshof. Heuer im Sommer löste Verkehrsminister Jörg Leichtfried in der Folge die BAV auf, die Untersuchungsstelle wurde neu geordnet.
Im Juni 2016 berichtete der KURIER erstmals unter dem Titel "Schlamperei auf Schiene" über Auffälligkeiten bei der Untersuchung von Bahnunfällen. Später stellte sich heraus, dass drei Ermittler – darunter der Leiter der Untersuchungsstelle – ihr Gehalt direkt von den ÖBB erhielten. Leichtfried kündigte nach Druck von ÖVP, Grünen und Neos an, dass er so etwas künftig vermeiden will. Der Leiter der Untersuchungsstelle musste im August seine Sachen packen und kehrte wieder zu den ÖBB zurück.
Zuvor war bereits der Leiter der Bundesanstalt für Verkehr, Gerald Pöllmann, von Leichtfried suspendiert worden. Er steht unter dem Verdacht, eine Weisung erteilt zu haben, dass der Untersuchungsbericht zum Absturz eines Polizeihubschraubers in den Achensee an eine externe Firma weitergeleitet wird. Anfang August veröffentlichte der KURIER dazu den Mailverkehr.
21 Millionen Euro
Die betroffene Privatfirma hatte insgesamt 21 Millionen Euro vom Verkehrsministerium für verschiedene Leistungen erhalten. Der Rechnungshof stellte dabei allerdings "finanzielle Unregelmäßigkeiten" fest. Ein Ergebnis der Untersuchungen ist noch nicht verfügbar, dürfte dem Vernehmen nach aber spannend werden.
Auch die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft Wien sind noch nicht abgeschlossen. Für Pöllmann wurde jedenfalls im Verkehrsministerium bereits ein Ministerialratsposten eingerichtet, er wird künftig eine Strategie für den EU-Donauraum erarbeiten.