Chronik/Österreich

Ukraine: Flüchtlingskoordinator kritisiert Aus für Gratis-Tickets

Dicht ist das Gedränge Freitagfrüh am Wiener Hauptbahnhof. Auch eine Mutter im blauen Parka und ihre zwei Kinder stehen an den ÖBB-Ticketautomaten Schlange. „Müssen Sie 10 Cent einwerfen, kriegen Sie Ukraine-Ticket“, erklärt eine ÖBB-Mitarbeiterin in roter Informationsweste bemüht. Bis ihr Kollege sie unterbricht: „Na, des Ukraine-Ticket gibt´s nicht mehr.“ Die Frau in der ÖBB-Weste wirkt irritiert: „Bist sicher? Und was tun wir jetzt?“

Der Kollege der Frau hat recht. Ab sofort, also ab dem 4. Quartal werden Not-Tickets nur noch in den Zügen ausgestellt, die aus der Ukraine Richtung Wien fahren, also von Břeclav, Bratislava und Hegyeshalom kommend, erklärt eine Sprecherin der ÖBB: "Die Ausgabe erfolgt nur noch an erstmals einreisende Vertriebene und nur durch das Bordservicepersonal dieser Züge nach Wien. Das Not-Ticket gilt 24 Stunden ab Ausstellung für eine Fahrt zu einem Ziel in Österreich oder zu den Grenzbahnhöfen Richtung Deutschland, Schweiz und Italien. Diese Änderung erfolgt auch deshalb, weil die Vertriebenen mittlerweile Zugang zur Grundversorgung haben – daher werden die weiteren Fahrten, die mehrfach innerhalb von Österreich erfolgen, nicht mehr gratis zur Verfügung gestellt.

Übergangsphase bis 9. Oktober

Die Ausgabe des bisherigen Not-Tickets ist an den Ticketschaltern, beim Bordservicepersonal und an den Ticketautomaten Wien Hauptbahnhof weiterhin technisch möglich, um Härtefälle zu vermeiden. Die Vertriebenen erhalten jedoch bei der Ticketausgabe den Hinweis, dass Reisen für bereits in Österreich lebende Vertriebene nicht mehr kostenfrei möglich sind. Diese Regelung gilt vorerst bis 31.12.2022, so die Sprecherin. 

Kurz nach Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine hätten die ÖBB im Auftrag des Klimaministeriums das Not-Ticket Ukraine eingeführt, erklärt die Sprecherin die Entstehungsgeschichte des Tickets. Damit konnten Vertriebene auf österreichischen Staatsgebiet kostenfrei fahren – auch mehrfach unter Vorweisen des gültigen Reisepasses bzw. Studentenausweises. Seither wurden von den ÖBB rund 390.000 solcher Tickets ausgegeben: "Zu Beginn waren es wirkliche sehr viele Menschen, die geflüchtet sind: Anfang März 2022 kamen innerhalb einer Woche mehr als 30.000 Ukrainerinnen und Ukrainer mit unseren Zügen, derzeit sind es maximal 2000 pro Woche – Tendenz sinkend."

Öffis in Wien kostenpflichtig

Auch die öffentlichen Verkehrsmittel in Wien sind ab 1. Oktober für Vertriebene aus der Ukraine kostenpflichtig, wie eine Sprecherin bestätigt: "Das Öffi-Unterstützungsangebot für Geflüchtete aus der Ukraine läuft mit 30. September 2022 aus. Uns war es wichtig, Menschen die aus der Ukraine vertrieben wurden, mit einer raschen und unbürokratischen Lösung unter die Arme zu greifen. Finanzielle Unterstützung erhalten ukrainische Geflüchtete weiterhin im Rahmen der Grundversorgung."

Kritik vom Flüchtlingsbeauftragten

Wenig Freude hat Andreas Achrainer mit dieser Entwicklung.

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Der Flüchtlingskoordinator hält diese Entwicklung und das Aus für Gratis-Ticktes für Kontraproduktiv: "Die Möglichkeit öffentliche Verkehrsmittel benutzen zu können ist essentielle Voraussetzung dafür, dass ukrainische Vertriebene ihr Leben in Österreich meistern können und im Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Das Einkommen jener Personen, die sich in Grundversorgung befinden, bewegt sich in Größenordnungen, die die Anschaffung von Zeitkarten für Öffis nicht abdecken können. Es ist aus meiner Sicht deshalb geboten, hier eine gesonderte Lösung zu finden, damit wir die Integration dieser Menschen nicht unnötig erschweren."