Tote Diplomatentochter: Mordermittler eingeschaltet
Am 9. Dezember 2016 findet die Polizei die Leiche der Diplomatentochter Arlene Krammer-Cryde im Mühlbach in Salzburg-Liefering. 200 Meter von ihrem Wohnhaus entfernt. Für die Polizei schien klar zu sein: Die 61-Jährige ist bei einem Unfall oder Selbstmord gestorben.
Die ersten Ermittlungen sind deshalb entsprechend schlampig durchgeführt worden, vermutet die Schwester der Toten. Gegenüber dem KURIER listet sie nun auf: Die am Fundort entdeckten Schlapfen wurden nicht sichergestellt, die Zahnprothese von Krammer-Cryde wurde später vom Lebensgefährten (und nicht der Polizei) gefunden, der Jogginganzug des Opfers wurden nie auf Spuren untersucht. Das Handy der 61-Jährigen ist nicht mehr auffindbar, es gibt keine Polizeifotos vom Bach zum Zeitpunkt des Auffindens. Selbst das Polizeiprotokoll hält Verdachtsmomente fest, wonach die Wohnung des Opfers übertrieben aufgeräumt aussieht, aber dennoch wurde kein Tatortbericht erstellt, kritisiert die Schwester von Krammer-Cryde.
Von Unfall ausgegangen
Warum kein Tatortbericht (darin werden der Fundortort einer Leiche und gesicherte Spuren detailliert dokumentiert, Anm.) erstellt wurde, erklärt Barbara Fischer, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Salzburg, so: "Den macht man, wenn man von einem Gewaltverbrechen ausgeht. Das haben die Beamten vor Ort im Dezember 2016 nicht in Betracht gezogen. Man ist von einem Unfall ausgegangen." Dass es in den Ermittlungen zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein könnte, weist Fischer entschieden zurück. "Sonst wäre die Frau Krammer-Cryde nie obduziert worden", meint sie unter Verweis auf die polizeiliche Kommissionierung nach dem Leichenfund.
Spätestens seit einem ergänzenden Gutachten der Gerichtsmedizin aus dem August ist klar: Krammer-Cryde könnte sehr wohl gewaltsam ums Leben gekommen sein. In der Halsmuskulatur wurden Einblutungen festgestellt. Angaben des Lebensgefährten von Krammer-Cryde über Krankheiten, an denen die Frau gelitten haben soll – Diabetes und Epilepsie – hätten sich nicht bewahrheitet. Deshalb wurden, wie erst jetzt bekannt wurde, vor einigen Wochen die Mordermittler eingeschaltet. Der Mühlbach wurde nachträglich untersucht. Auch der Computer der Frau, an dem sie am Abend ihres Todes noch gearbeitet hatte, wird derzeit ausgewertet.
Dass der Lebensgefährte der Begünstigte der Lebensversicherung sein könnte, hat sich indes nicht bewahrheitet, wie aus einem Polizei-Zwischenbericht hervorgeht. Demnach handelt es sich nicht um eine klassische Lebensversicherung, sondern um eine Ratenschutzpolizze – zur Absicherung, wenn ein Kredit zurückgezahlt wird. Die Begünstigte ist daher eine Bank. Zumindest diese Frage ist elf Monate nach dem Tod der Frau geklärt.