Chronik/Österreich

Gericht sucht einen 148-Jährigen

Bis 31. Mai 2015 sollte sich Josef Kren, geboren am 20. Juli 1866, bei Gericht melden – wenige Wochen vor seinem 149. Geburtstag also. Um es vorweg zu nehmen: Er hat sich nicht gemeldet. Mit seiner Todeserklärung findet damit am Bezirksgericht Eisenstadt ein kurioser Fall seinen Abschluss.

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Ein kurioser Fall oder "eine Mordsrennerei", wie Michael Eder meint. Der Bäckermeister ist Geschäftsführer eines Betriebs mit 27 Mitarbeitern in Gumpoldskirchen und Biedermannsdorf. Sein Antrag hat das gerichtliche Verfahren in Gang gesetzt – obwohl er bis zum Herbst des Vorjahres von der Existenz Josef Krens selbst keine Ahnung gehabt hat.

"Bei mir hat sich jemand gemeldet, der mir einen Acker abkaufen wollte. Der ist seit Langem im Familienbesitz. Erst da ist aufgefallen, dass ein Fruchtgenussrecht zugunsten Krens eingetragen ist", erklärt Eder. Weder vor zwei Jahren als er den Acker von seinem Vater übernommen hat, noch als der ihn vor Jahrzehnten gekauft hat, wurde diese Eintragung bemerkt. "Obwohl alles vom Notar begleitet wurde", wundert sich Eder.

Nach ersten Nachforschungen bekam er eine Sterbebestätigung – allerdings vom Falschen, nämlich einem Josef Krenn, Jahrgang 1907. Vollständig war die Verwirrung als ein Kaufvertrag aus dem Jahr 1928 auftauchte, in dem Kren plötzlich Mayer heißt.

Name geändert

Die Erklärung für die Namensänderung ist einfach, wie Hobbyhistoriker Michael Leberl aus Krens burgenländischem Geburtsort St. Georgen erklärt. "Josef Kren kam 1866 als uneheliches Kind von Elisabeth Kren zur Welt." Erst als seine Mutter 1869 – den mutmaßlichen Kindsvater – einen gewissen Herrn Mayer ehelichte, nahm auch ihr Sohn Josef dessen Familiennamen an.

Josef Kren war zwar verschollen, für tot erklärt wurde er bis vor Kurzem dennoch nicht. Eisenstadts Gerichtssprecher Bernhard Kolonovits erklärt den Hintergrund. Es sei zwar anzunehmen gewesen, dass Kren aufgrund seines Alters nicht mehr am Leben sei, "eine Todeserklärung kann aber erst nach Ablauf einer gewissen Frist und nach Antragstellung erledigt werden". Die Aufforderung ist Teil des Verfahrens und erfolgt automatisiert. Erst nach Vorliegen der formalen Voraussetzungen konnte der Verschollene für tot erklärt werden.

Laut Justizministerium hat es im Vorjahr österreichweit 52 Anträge für eine Todeserklärung gegeben, heuer sind es bis April zwölf. In Österreich sind (Stand Mai) 866 Personen abgängig gemeldet. Nach Auskunft des Bundeskriminalamtes (BKA) gilt eine Person so lange als vermisst, "bis sie wieder auftaucht, oder ihre Leiche gefunden wird". Es gibt aber eine Ausnahme, wie BKA-Sprecherin Silvia Strasser erklärt: "Wenn eine Person das Lebensalter von 100 Jahren überschreitet, fällt sie aus dem System der Vermissten." Allerdings gibt es "eine Handvoll" Über-100-Jährige, die sich aus unterschiedlichen Gründen dennoch im System befinden würden.

Die Todeserklärung:
Voraussetzung für eine Todeserklärung ist die nachrichtenlose Abwesenheit, also dass eine Person über einen bestimmten Zeitraum vermisst wird, und ernstliche Zweifel daran, dass sie noch lebt.
In diesen Fällen ist die Ausstellung einer Sterbeurkunde nicht möglich, weil dafür der Leichnam aufgefunden und identifiziert sein muss. Wie lange jemand vermisst sein muss, hängt von der Situation ab: Nach einem Flugzeugabsturz sind es drei Monate, bei einem Schiffsuntergang sechs. Sonst muss die Person zehn Jahre lang nachrichtenlos abwesend sein, wäre sie über 80 reichen fünf.