Tiroler Landesmuseum wird zur Großbaustelle
Von Christian Willim
Karl C. Berger standen am Dienstag die Tränen in den Augen. Der interimistische Geschäftsführer der Tiroler Landesmuseen (TLM) war die Erleichterung anzusehen, dass nach Jahren der Verschleppung der Um- und Ausbau des Haupthauses - das Ferdinandeum - in die Gänge kommt.
„Jetzt haben wir es doch noch geschafft“, kommentierte Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) bei einer Pressekonferenz einen Beschluss der Landesregierung zur Freimachung der notwendigen Mittel. Die Kosten werden aktuell auf 47,8 Millionen kalkuliert. Bis zur geplanten Fertigstellung im Jahr 2027 werden aufgrund der erwarteten Bauindex-Anpassungen 58,9 Millionen Euro daraus.
Keine Obergrenze
Mattle vermied es, Begriffe wie Obergrenze in den Mund zu nehmen: „Wir sind gut beraten, wenn wir bei den Kosten vorsichtig sind.“ Der Kalkulation fehle noch „der notwendige Tiefgang. Das ist der aktuelle Stand.“ Damit traf der Landeshauptmann Vorsorge für Debatten, sollte das Geld doch nicht reichen.
Er und sein roter Stellvertreter Georg Dornauer, der für den Hochbau verantwortlich ist, haben das Projekt von der schwarz-grünen Vorgängerregierung geerbt. 2020 waren die Kosten auf 38,9 Millionen Euro geschätzt worden. Die erwarteten Kostensteigerungen und die auf 2022 vorgezogenen Landtagswahlen verschleppten eine politische Entscheidung.
Im vergangenen Herbst hatte Peter Assmann überraschend und zwei Jahre vor Vertragsende die Kommandobrücke bei den Tiroler Landesmuseen verlassen. Zuvor war sein Unmut über die unklare Situation klar durchgeklungen. Eigentlich hätte die Neugestaltung des Ferdinandeums im heurigen 200. Jubiläumsjahr des Hauses bereits abgeschlossen sein sollen.
Neuer Anlauf ins 21. Jahrhundert
Nach dem überraschenden Abgang von Assmann sprang Berger vorübergehend in die Bresche. Der sieht im 2021 Siegerentwurf des Vorarlberger Architekturbüros marte.marte „ein Projekt, das in die Zukunft weist.“
Im Moment kann man das von dem zentral in der Innenstadt gelegenen Kulturbau nicht behaupten. „Wir sind im 20. Jahrhundert verhaftet geblieben“, attestierte Franz Pegger, der Obmann des Vereins „Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum“, dem Liegenschaft und Sammlungen gehören.
Der Befund, dass das Museum nicht den Ansprüchen des 21. Jahrhunderts gerecht wird, ist eigentlich vernichtend. Denn es ist gerade einmal 20 Jahre her, dass das Ferdinandeum nach umfangreicher Sanierung wieder eröffnet wurde. Die hat damals 16,3 Millionen Euro gekostet – doppelt so viel wie ursprünglich veranschlagt.
Vergebene Chance
Und der Umbau kann nachträglich nur als Murks bezeichnet werden. Die damals gepriesene räumliche Offenheit im Inneren des Hauses erwies sich als nicht kompatibel für die Schaffung eines für den Schutz der Kunstwerke notwendigen Mikroklimas in den Ausstellungsräumen.
Zuletzt gab die Klimaanlage überhaupt den Geist auf. Noch ein Manko von damals: Auf die Barrierefreiheit wurde gepfiffen. Dass gehbehinderte Besucher mit dem Lastenlift fahren müssen, sei „eine Demütigung“ für Betroffene, befindet Berger.
Nach außen öffnen
Künftig soll das Haus barrierefrei besuchbar sein, sich nach außen öffnen und so neues Publikum anziehen. Im Eingangsbereich, von drei Seiten betretbar, ist ein konsumfreier Raum geplant, den Mattle mit einer Passage vergleicht. Zudem soll es – wie schon bisher – ein Café geben.
Die Ausstellungsflächen sollen an modernen Standards angepasst werden. Auf dem Dach des Gebäudes, dessen Fassade denkmalgeschützt ist, ist ein Veranstaltungssaal für bis zu 250 Personen geplant. Berger erhofft sich dadurch unter anderem Raum für Kooperationen.
Als nächster Schritt geht es nun an die Entwurfs- und Einreichplanung. Der Baubeginn ist für Herbst 2024 geplant, die Fertigstellung für März 2027. Das Ferdinandeum mit seinen verschiedenen Sammlungen ist das Flaggschiff der Tiroler Landesmuseen, zu denen auch das Volkskunstmuseum, die Hofkirche, das Zeughaus und Tirol Panorama mit Kaiserjägermuseum – Hort der Tiroler Heldentümelei – zählen.
Ab Dezember erhält der Museumstanker mit dem Vorarlberger Andreas Rudigier einen neuen Chef, Berger wechselt dann zurück ins Volkskunstmuseum, das er seit 2015 leitet. Der auch für Kultur verantwortliche Landeshauptmann erhofft sich indes, dass sich der Um- und Ausbau auch in den Besucherzahlen niederschlägt.