"Terrorverdacht auf Luft": OGH hob Urteil auf
Zu sechs Jahren Haft wurde Abid T. im vergangenen Oktober im Landesgericht Salzburg verurteilt. Die Vorwürfe wogen schwer: Der Marokkaner soll die Attentäter von Paris unterstützt haben. Ermittler vermuteten auch, dass er mit anderen Dschihadisten weitere Anschläge plante. Ein halbes Jahr später kam der Oberste Gerichtshof (OGH) zu einem völlig anderen Ergebnis: Die Verurteilung basierte auf einem Begründungsmangel, es sei keine terroristische Tätigkeit abzuleiten.
„Er war zur falschen Zeit mit seinem Handy am falschen Ort“, sagte sein Rechtsanwalt Wolfgang Blaschitz damals bei der Verhandlung. Heute nennt er es so: „Eine Verurteilung wegen Terrorverdachts auf Luft.“ Das gesamte Verfahren muss wiederholt werden.
Terrorismus-NeigungDer heute 28-jährige Abid T. hatte schon in seinem Prozess immer wieder seine Unschuld beteuert. Und auch seine angeblichen Komplizen – sie sitzen in Frankreich in Haft und wurden via Videokonferenz einvernommen – gaben an, Abid T. gar nicht zu kennen. Selbst der Ermittlungsleiter vom Verfassungsschutz erklärte, dass auf dem Handy des Verdächtigen zehn Telefonnummern gefunden wurden. Dazu habe kein „Bezug zu terrorismusgeneigten Personen“ erhoben werden können. Es fanden sich auch keine Handlungsanleitungen des IS auf dem Telefon.
Abid T. war im Sommer 2016 in Belgien festgenommen und nach Salzburg ausgeliefert worden. Dort, so der Vorwurf, soll er sich im Jahr 2015 in einem Flüchtlingslager mit zwei Dschihadisten getroffen haben, die mit zwei Selbstmordattentätern im gleichen Flüchtlingsboot saßen – die Männer hatten sich beim Stade de France in die Luft gesprengt.
Von Abid T. beschlagnahmten die Ermittler ein Mobiltelefon.
Abid T. selbst reiste weiter. Und zwar nach Belgien. Seine Reise dokumentierte er unter anderem öffentlich einsehbar auf seinem Facebook-Konto.
Als die anderen Verdächtigen im Oktober 2015 nach Europa kamen, war Abid T. noch als Gelegenheitsarbeiter in seiner Heimat – auch, als sich die Attentate in Paris ereigneten. „Er hat davon geträumt, mit anderen aus Marokko auszuwandern. Er hat einen Bruder in Belgien. Dorthin wollte er“, erklärt Anwalt Blaschitz.
Ein Stopp in Salzburg wurde ihm zum Verhängnis.