Strengere Regeln für Ungeimpfte: Wer dafür ist, wer dagegen
Am Wochenende ließ der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker mit einem Vorschlag aufhorchen: Für Ungeimpfte sollten strengere Regeln als für Geimpfte gelten. Entsprechend sollte der Zutritt zu Sportstätten oder Freizeiteinrichtungen nur mehr Geimpten gestattet werden.
"Besser nur Geimpfte haben Zutritt als Schließungen. Niemand will mehr einen Lockdown sehen. Es ist vernünftig, wenn Freizeit- und Sportstätten das jetzt schon einführen", sagte Hacker gegenüber der Kronen Zeitung.
Hacker will mit seinem Vorstoß die Impfquote erhöhen - dafür sei für seiner Ansicht nach noch vier bis sechs Wochen Zeit. Die Modellrechnungen der Stadt Wien gehen von einem starken Anstieg der Infektionsfälle in der zweiten September-Hälfte aus. "Die wirksamste Maßnahme ist die Impfung." 85 Prozent des aktuellen Infektionsgeschehens in Wien würden auf jene Menschen zurückgehen, die gar nicht oder nur einmal geimpft sind.
Sollte der Bund nicht auf Hackers Vorschlag eingehen, könne er sich durchaus einen Wiener Sonderweg vorstellen.
Der Vorstoß des Gesundheitsstadtrats wird von Ländern und Organisationen unterschiedlich bewertet, mal unterstützt, mal kritisiert - eine Übersicht.
Wer für strengere Regeln ist
Die Ärztekammer sprach sich heute, Montag, für gewisse Zutrittsverbote für Ungeimpfte aus. Solange die Impfquote nicht erhöht werden könne, sei dies angesichts steigender Zahlen eine berechtigte Maßnahme, so Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres.
Ungeimpfte seien der "Motor" der vierten Welle, so Szekeres. "Je weniger wir es schaffen, in den nächsten Wochen zu impfen, umso wuchtiger wird die Welle sein, die uns im Herbst nach Beginn des Schulstarts treffen wird."
Beifall für Hackers Vorstoß kommt auch von Wiener Gastronomen. Thomas Figlmüller (Figlmüller-Group), Martin Ho (DOTS-Group) und David Schober (Kleinod-Bars) begrüßten in der Krone Zutrittsbeschränkungen für Ungeimpfte. So könne ein weiterer Lockdown verhindert werden.
Grundsätzliche Unterstützung kam am Sonntag auch aus der Steiermark. Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß erklärte: "Das ist der absolut richtige Ansatz, aber das funktioniert nur, wenn sich der Bund und die Länder gemeinsam auf klare Maßnahmen einigen." Die Impfquote müsse bis Herbst noch deutlich angehoben werden.
Auch die Kärntner Gesundheitslandesrätin Beate Prettner kann dem Vorstoß was abgewinnen: "Die vierte Welle ist da, daher werden schärfere Maßnahmen für Nicht-Geimpfte unumgänglich sein." Aber: Prettner wünscht sich eine bundesweite Regelung, "Alleingänge haben keinen Sinn."
Offen zeigt man sich auch in Tirol. Prinzipiell sei "alles zu unterstützen, was Menschen motiviert, sich impfen zu lassen", so Gesundheitslandesrätin Annette Leja. Auch aus Tirol wird betont, dass man eine bundeseinheitliche Vorgangsweise bevorzuge.
Aus Vorarlberg heißt es von VP-Gesundheitsrätin Martina Rüscher auf KURIER-Anfrage: „Vorarlbergs Haltung bei derartigen Vorstößen ist prinzipiell immer ähnlich: eine bundesweit einheitliche Vorgehensweise ist zu priorisieren, um einen Fleckerlteppich an Maßnahmen zu vermeiden."
Sollten lokal bzw. regional aufgrund der pandemischen Entwicklungen verschärfte Maßnahmen notwendig sein, "machen dort temporäre Maßnahmen aber natürlich Sinn. Dass Geimpfte gewisse Vorteile haben sollen – etwa wie schon jetzt etwa bei der Handhabung als Kontaktperson – erachten wir allerdings auch als richtig.“
Abwartend zeigt man sich in Niederösterreich: Bundesweite Maßnahmen würde man begrüßen, auf Landesebene sind vorerst jedoch keine Verschärfungen vorgesehen. Jeden Tag neue Forderungen einzubringen führe zu Verunsicherung in der Bevölkerung, so Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig.
Ähnlich argumentiert Christine Haberlander, Gesundheitslandesrätin in Oberösterreich: "Die Pandemie macht weiterhin nicht an Landesgrenzen halt, der Bund ist gefordert, die nationale Lage zu beurteilen und dementsprechend national gültige Regeln aufzustellen, die aufgrund der aktuellen Lage als sinnvoll beurteilt werden."
Wer dagegen ist
Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein hält eine "Einschränkung des öffentlichen Lebens nur für Geimpfte bundesweit derzeit für nicht spruchreif." Die Unterscheidung Ungeimpfter und Geimpfter auf breiterer Basis würde wohl zu einer Spaltung der Gesellschaft führen. "Ich glaube, das ist in der derzeitigen Lage epidemiologisch nicht vertretbar", erklärte der Gesundheitsminister in der ZIB2.
Nach Auslaufen der aktuellen Verordnung für die Corona-Maßnahmen Ende August werde es bei der dann notwendigen Einführung neuer Regeln jedenfalls noch keine Unterscheidung zwischen Geimpften und Ungeimpften geben.
Keinen Anlass für weitere Maßnahmen sieht man im Burgenland. Entsprechend sind auch keine Verschärfungen für Ungeimpfte geplant. Das Land verwies auf eine hohe Durchimpfungsrate und eine hohe Impfbereitschaft, daher sehe man derzeit keine Notwendigkeit für derartige Maßnahmen. Man setze auf Freiwilligkeit, so eine Sprecherin von Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil.
Auch in Salzburg seien derzeit keine weiteren Verschärfungen erforderlich, hieß es aus dem Büro von Gesundheitsreferent Christian Stöckl. "Vielmehr muss weiterhin und verstärkt auf die Impfung gesetzt werden. Alle weiteren Maßnahmen müssen jedenfalls bundesweit einheitlich geregelt werden", ließ Stöckl ausrichten.
Scharfe Kritik kam vom Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp: Hacker solle "lieber seine gesundheitspolitischen Hausaufgaben machen, anstatt nicht geimpfte Personen vom gesellschaftlichen Leben auszusperren."