SPÖ will Wohn-Notstand für Innsbruck ausrufen
Von Christian Willim
Es ist ein Relikt aus einer Ära, in der Bruno Kreisky Bundeskanzler war und die SPÖ mit absoluter Mehrheit regierte: Das Bodenbeschaffungsgesetz aus dem Jahr 1974.
Die Innsbrucker SPÖ hat dieses in Vergessenheit geratene Bundesgesetz nun wiederentdeckt und will es als Instrument gegen die horrenden Wohnpreise in der Tiroler Landeshauptstadt einsetzen.
"Wohnungsfehlbestand"
Und die theoretischen Möglichkeiten dieses Gesetzes sind weitreichend. Gibt es einen „Wohnungsfehlbestand“ – der ist erreicht, wenn zwei Prozent der Bevölkerung wohnungssuchend sind – kann sich eine Gemeinde ein Vorkaufsrecht beim Verkauf von gewidmetem Bauland sichern.
Sogar die Möglichkeit von Enteignungen, wenn auch mit Entschädigungszahlungen verknüpft, sind möglich. „Das sind natürlich weitreichende Konsequenzen“, gesteht SPÖ-Stadtparteiobmann Benjamin Plach ein, ortet aber dringenden Handlungsbedarf: „Im städtischen Wohnungsamt sind mittlerweile über 2.000 Anträge für über 4.300 wohnungssuchende Innsbrucker vorgemerkt.“
Die im Bodenbeschaffungsgesetz definierte Marke für den Wohnungsfehlbestand ist in Innsbruck eigentlich schon mit 2.600 Personen erreicht. Innsbruck müsse daher „den Wohnungsnotstand ausrufen“, fordert Plach.
Antrag im Gemeinderat
Im Oktober will die SPÖ einen Antrag auf Anwendung des Gesetzes stellen. Geht der durch, müsste das Land noch per Verordnung seinen Sanktus geben. Ob es diesen verwehren kann, ist rechtlich strittig.
Beate Palfrader, Tirols VP-Landesrätin für Bauen und Wohnen, steht dem Vorhaben skeptisch gegenüber. „Es handelt sich hier um totes Recht, das noch nie angewandt wurde“, heißt es aus ihrem Büro. Sollte jedoch von Innsbruck ein Antrag gestellt werden, „muss man sich das anschauen.“
Innsbrucks grüner Bürgermeister Georg Willi zeigt sich auf Anfrage „für alle Vorschläge für leistbares Wohnen offen. Deswegen erstaunt mich die Absage des Landes, noch bevor aus Innsbruck ein konkreter Vorschlag vorliegt.“
Eine Mehrheit für den SPÖ-Vorschlag im Gemeinderat ist aber unwahrscheinlich. SPÖ und Grüne kämen nur auf 14 von 40 Stimmen. Die großen Mitte-Rechts-Fraktionen stehen Eingriffen ins Eigentumsrecht wenig überraschend kritisch gegenüber.
"Kommunistische Phantasien"
„Das ist nicht so meine Weltanschauung“, sagt VP-Klubobmann Christoph Appler, will sich die Sache aber zunächst im Detail anschauen. So hält es auch die FPÖ, der blaue Vize-Bürgermeister Markus Lassenberger stellt aber bereits klar: „Alles was mit Enteignung zu tun hat, ist nicht das, was wir uns vorstellen.“
FI-Klubobmann Lukas Krackl ortet gar „unrealistische kommunistische Phantasien“. Und er gibt zu bedenken, dass nicht „jeder Bürger auf den Vormerklisten auch akut von Wohnungslosigkeit bedroht ist.“