Rettung aus der Luft: So hilft das Bundesheer
Von Armin Arbeiter
Der Damm ist gebrochen. Wassermassen strömen unaufhaltsam auf Rattendorf zu. Bäume, Wälle, Saatgut werden von der Flut mitgerissen, nur ein paar Ställe können ihr widerstehen. Die Tiere darin ertrinken trotzdem. Diese Szenen spielten sich vor ein paar Wochen im Lesachtal in Kärnten ab. Die zivilen Einsatzkräfte waren überfordert, sahen keine Möglichkeit, die 200 Meter lange Bruchstelle des Damms zu schließen – das Bundesheer musste anrücken.
Während bereits Bürgermeister Soldaten anfordern können, übernimmt das Land die Aufgabe, Hubschrauber des Bundesheeres anzufordern. „Wenn es notwendig ist, ergeht das Hilfsansuchen durch die Landeswarnzentrale. Die Einsatzzentrale Luft, die 24 Stunden, sieben Tage die Woche betrieben wird, reagiert dann“, sagt Oberst des Generalstabs Peter vom Kommando Luftstreitkräfte gegenüber den KURIER FAKTEN.
Die Hilfe kam rasch: Zwei S-70-Black Hawk Hubschrauber flogen zur provisorischen Schließung 80 Panzerigel und 220 mit Schotter gefüllte „Big Bags“ an die Schadstelle ein und setzten diese in Präzisionsarbeit ab. So konnte der Fluss wieder in sein Bett gezwungen werden, ehe zivile Einsatzorganisationen hinter dem Damm einen neuen Erdwall aufschütteten. Auch die toten Tiere in den Ställen wurden mit Hilfe der Helikopter geborgen, da es unmöglich war, durch Morast und Wasser zu ihnen vorzudringen.
Interaktiv: So läuft ein Hubschraubereinsatz ab
„Die Zusammenarbeit zwischen allen Organisationen läuft sehr gut“, sagte der Bezirkshauptmann von Hermagor, Heinz Panis. Das liege daran, dass das Bundesheer zusammen mit Einsatzorganisationen wie der Feuerwehr regelmäßig übt.
Nicht nur für die Reparatur des Damms waren die Helikopter essenziell – durch die Unwetter waren die Bewohner des Lesaschtals von der Außenwelt abgeschnitten. Umgestürzte Bäume blockierten die Straßen, sofern diese nicht von den Regenmassen weggespült wurden.
Mehr als 3500 Kilogramm Nahrung transportierten die Hubschrauber in das Krisengebiet. Da auch der Strom ausgefallen war, führten sie Dieselaggregate mit.
„Wenn die Einsatzzentrale alarmiert wird, können Helikopter in einer bis zwei Stunden Flugzeit überall in Österreich vor Ort sein. Natürlich benötigen wir davor eine gewisse Vorbereitungszeit, da wir uns auf einen mehrtägigen Einsatzohne Abstützung auf einen Flugplatz einstellen“, sagt Schinnerl. Bis jetzt war der Katastropheneinsatz in Kärnten und Osttirol mit 142 Flugstunden der längste im heurigen Jahr.
Mit großem Abstand folgt der Kampf gegen den Waldbrand in Hallstatt: 97 Stunden lang waren die Hubschrauber in der Luft und bekämpften Brand und Glutnester im steilen, unwegsamen Gelände. Bis zu 3000 Liter Wasser können die Black Hawks aufnehmen, die noch im Dienst stehenden Alouette III schaffen immerhin 500 Liter. Auch zum Erkennen von Glutnestern eignen sich die Helikopter ausgezeichnet – heuer waren sie bereits in vier Bundesländern im Brandbekämpfungseinsatz.
Da Einsätze solcher Art in das Aufgabenspektrum des Bundesheeres fallen, zahlt diese auch das Verteidigungsministerium.
Auch im alpinen Gelände sind die österreichischen Luftstreitkräfte im Einsatz – etwa beim Retten von Verschütteten. Trotz der schwierigen Wetterverhältnisse im Hochgebirge bemüht sich das Bundesheer, jeden Auftrag durchzuführen – natürlich unter Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen. Schinnerl: „Es gibt Limits, die wir nicht überschreiten können, doch im Einsatz sind unsere Piloten von gewissen Regeln ausgenommen.“ Vor allem die Black Hawks tun sich bei schwierigen Verhältnissen leichter, da sie über Enteisungsanlagen für den Heckrotor und die Rotorblätter verfügen.
Bei Lawinenabgängen wurden seit Jahresbeginn Hubschrauber des Bundesheeres in der Steiermark und in Tirol eingesetzt. In Tirol flogen bei einem Einsatz sieben Hubschrauber gleichzeitig mehr als 80 Stunden. „Beispielsweise transportieren wir Bergretter und Gerät zum Lawinenkegel“, sagt Schinnerl.
Am Berg gab es nicht nur Lawinenopfer zu retten: Im Jänner bargen Flugretter 41 Personen von einem Sessellift. Dazu kamen die Alouette III, die in naher Zukunft ausgetauscht werden, mit ihren Seilwinden zum Einsatz. Nicht nur Helikopter, sondern auch Flächenflugzeuge werden bei Katastrophenfällen eingesetzt: „Mit ihnen ist es möglich, Luftbilder aufzunehmen, um das gesamte Ausmaß der Katastrophe zu erkennen“, erklärt Schinnerl.
Dieser Artikel erschien zuerst im KURIER Sicherheitsmagazin FAKTEN, das in Kooperation mit dem Kuratorium Sicheres Österreich zehnmal im Jahr erscheint.