Prüfer rügen Landesregierung: Pflegemisere "teils hausgemacht“
Die steirische Landesregierung habe keinen exakten Überblick über die tatsächliche Anzahl der Beschäftigten, ebenso wenig über die Summe aller Ausbildungsplätze: Der jüngste Prüfbericht des Landesrechnungshofes über Pflege- und Betreuungsberufe in der Steiermark steckt voll Kritik am System des Bundeslandes - und das schon vor der Corona-Pandemie, denn geprüft wurde der Zeitraum zwischen 2017 und 2021.
„Die prekäre Situation bei den Pflege- und betreuungsberufen hat durchaus auch hausgemachte Gründe“, fasst Heinz Drobesch, Direktor des steirischen Landesrechnungshofes, zusammen. Die Engpässe in der Pflege seien bereits seit mehr als einem Jahrzehnt evident, doch die „Maßnahmen der Entscheidungsträger nicht ausreichend bis ungeeignet“, hält Drobesch fest. Die Pandemie verschärfte die ohnedies angespannte Lage dann noch weiter.
Abgesehen davon, dass vier Abteilungen im Land zuständig sind, sei eine eigens erstellte Bedarfsprognose „Fehleinschätzungen“ unterlegen, kritisieren die Prüfer. Diese 2019 veröffentlichte Studie ging für 2025 von 21.200 notwendigen Kräften im Pflegebereich aus allerdings zeigt das Gesundheitsberuferegister, das 2020 erschien, bereits einen Bestand von 23.742.
Schere öffnet sich
Der Rechnungshof verweist zudem auf die demografischen Daten der Statistik Austria: Demnach steigt die Anzahl der Steirer, die 65 Jahre oder älter sind, bis 2030 um rund ein Viertel. Gleichzeitig schrumpft jedoch die erwerbstätige Bevölkerung, ein Effekt der geburtenschwachen Jahrgänge von einst. Das öffnet eine Schere: Es wird mehr Pflegebedarf bestehen, aber weniger Personal da sein. Doch „die Personalbedarfsplanung spiegelt weder einen Konnex zur bestehenden Versorgungsstruktur noch zu deren tatsächlichen Entwicklung wider“, rügen die Prüfer.
Das setzt sich bei der Frage Ausbildung fort. Obwohl genügend Bewerber vorhanden waren, blieben 2019 und 2020 Plätze frei. Das lag laut Rechnungshof auch an der Umstellung des Bundes von einem zwei- zu einem dreistufigen System: Die diplomierten Kranken- und Gesundheitspfleger (DKGP) blieben, aus dem bisherigen Pflegehelfer wurden aber zwei Berufe, Pflegefachassistenz (PFA) und Pflegassistenz (PA). Während jedoch die Diplomausbildung in der Steiermark doppelt so viele Bewerber als Plätze hatte, gab es bei den anderen beiden weniger Interessierte als Ausbildungsplätze. Das hätte sich durch „Lenkung der Ströme“ ändern lassen, merken die Prüfer an.
Die Opposition im Landtag sieht sich durch den Bericht in der Kritik an der ÖVP-SPÖ-Pflegepolitik bestätigt. „Der Blindflug der Landesregierung im Pflegebereich ist erschreckend“, kommentiert Neos-Klubchef Niko Swatek. Die KPÖ fordert mehr Personal in dieser Berufssparte und deutlich bessere Bezahlung.